Alex Hofmann erinnert sich gern an die alten Zeiten, in denen aber nicht alles besser war.

(Motorsport-Total.com) – Die Motorrad-Weltmeisterschaft wurde von Jahr zu Jahr professioneller. Immer sicherere Rennstrecken, sekundengenau getaktete Abläufe, piekfein ausgestattete Boxen und Fahrer, deren Interviews an Gespräche mit PR-Experten erinnern, verdeutlichen diese Entwicklung.

Kritiker hingegen bemängeln, dass die moderne Fahrergeneration zu austauschbar und die Motorräder zu perfekt geworden sind. Wir haben uns mit ServusTV-Experte Alex Hofmann über die Entwicklung unterhalten.

„Man kann schon sagen, dass wir uns jetzt in einer goldenen Ära befinden“, stellt Hofmann fest und begründet: „Wir haben das breiteste Feld der MotoGP-Geschichte. Alle Fahrer werden gut bezahlt. Die finanzielle Wertschätzung der Fahrer ist somit vorhanden.“

„Es gibt Testfahrer, die besser bezahlt werden als manche Stammfahrer früher“, vergleicht Hofmann und weist auf hochrangige Testfahrer wie Dani Pedrosa hin. „Zudem sind die meisten Hersteller in der Meisterschaft vertreten“, freut sich der ehemalige MotoGP-Pilot.

„Ich glaube, der Sport war nie besser aufgestellt als jetzt“, bemerkt Hofmann, der sich andererseits auch gern an die Vergangenheit erinnert. Besonders mit Blick auf die Zweitakter bekommt Hofmann leuchtende Augen.

500er-Zweitakter wecken bei Alex Hofmann besondere Emotionen
„Wenn ich den Zweitakter höre, dann geht mein Herz auf“, kommentiert der mittlerweile 44-Jährige. „Das war purer Rennsport, die 500er-Yamaha und die 500er-Honda waren die anspruchsvollsten Motorräder, die ich je gefahren bin. Dann kamen die Viertakter, die natürlich andere Vorzüge hatten. Aber ich glaube, die Zweitakter-Ära war schon eher so der Gipfel, der Mount Everest.“

Damit möchte Hofmann den modernen MotoGP-Bikes aber nichts absprechen. „Ich finde es gut, in welche Richtung es danach mit den Viertaktern ging. Die Elektronik hat die Verletzungen reduziert“, begrüßt der Deutsche.

„Vorher flogen die Helden noch zweieinhalb Meter hoch durch die Luft, wenn sie versucht haben, etwas eher ans Gas zu gehen. Es war eine harte Zeit!“, erinnert sich Hofmann, der in der Saison 2002 mit 500er-Zweitaktern einige Erfahrungen sammelte.

Ist die aktuelle Fahrergeneration zu langweilig?
Und was sagt Hofmann zur Kritik, die aktuellen Fahrer wären zu langweilig? Im Vergleich zu älteren Generationen fällt die jetzige Fahrergeneration deutlich weniger stark auf. Wilde Aktionen im Fahrerlager gehören der Vergangenheit an. Zudem ist es selten geworden, dass sich zwei Fahrer überhaupt nicht ausstehen können.

„Die Pläne der Jungs sind mittlerweile so durchgetaktet. Sie kommen am Samstagabend nicht mehr auf Ideen, wie das Wohnmobil von Max Biaggi zu manipulieren, weil sie Lust darauf haben und Max nicht mögen“, scherzt Hofmann und verweist auf eine kontroverse Szene der Vergangenheit.

Derartige Aktionen sind heutzutage nicht mehr vorstellbar. „Das gibt es nicht mehr. Dafür gibt es Strafen, überall sind Kameras. Die Zeiten haben sich verändert“, stellt Hofmann fest. Dass sich das Mindset der Rennfahrer über die Jahre verändert hat, erstaunt den ehemaligen Racer nicht.

Gesteigerte Sicherheit hat das Mindset der Fahrer verändert
Hofmann verweist auf die Situation in den 1970ern und 1980ern, als es sowohl auf zwei als auch auf vier Rädern noch regelmäßig Todesfälle gab. Damals konnten sich die Fahrer nicht sicher sein, ein Event unbeschadet zu überstehen. Da der Motorsport sicherer ist als je zuvor, agieren die Fahrer auch anders.

„Es gab die tödlichen Jahre der Formel 1. Damals war man als Fahrer nicht überbezahlt, wusste vor einem Rennwochenende aber nicht, ob man die Strecke wieder lebend verlässt. Ich rede nicht nur von eigenen Fahrfehlern sondern auch von der Technik, die deutlich anfälliger war als jetzt. Es gab viel mehr Risikofaktoren, die man nicht kontrollieren konnte“, erinnert sich Hofmann. „Heutzutage ist es so gut, dass der eigentliche Rennsport im Fokus steht.“

„Viele der gut betuchten Formel-1-Akteure gehen nicht davon aus, dass sie die Rennstrecke nicht mehr in ihrem eigenen Jet verlassen können. Das ändert natürlich einiges. Es sind andere Typen. Damals gab es auch nicht an jeder Ecke Kameras. Die Partys am Abend waren härter“, vergleicht Hofmann.

„Es war eine andere Zeit, wie Woodstock vs. Tomorrowland“, veranschaulicht Hofmann. „Jetzt sieht alles super toll aus, doch ich gehe davon aus, dass die Leute in Woodstock eine bessere Zeit hatten. So kann man es echt vergleichen.“

Weg in die MotoGP: Schritt in den Profisport leichter als je zuvor?
Auch der Einstieg in den Sport hat sich verändert. Mit den verschiedenen Nachwuchs-Cups, die zum Teil von MotoGP-Rechteinhaber Dorna unterstützt werden, haben junge Talente in den verschiedenen Teilen der Welt die Chance, den Schritt in den Profisport zu meistern.

„Es gibt den Rookies-Cup oder den Northern-Talent-Cup. Es stehen so viele Möglichkeiten zur Auswahl, um diesen Sport zu betreiben. Eigentlich war es nie besser als jetzt“, erkennt Hofmann mit Blick auf die Situation.

„Doch es ist wie im Leben: Man beschwert sich immer dann am meisten, wenn es einem am besten geht. Unserer Gesellschaft geht es besser als je zuvor und trotzdem kann man sich ständig über etwas aufregen“, so Hofmann.

Text von Sebastian Fränzschky

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