Die restriktiven Testregeln könnten schon für die kommende Saison geändert werden. Aufgrund der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 wurden praktisch alle Testfahrten, abgesehen von den offiziellen Gruppentests vor der Saison und an einigen Montagen nach einem Grand Prix, komplett gestrichen. Für die neuen 1.000er-Motorräder wurden bereits acht zusätzliche Testtage mit den Werksfahrern erlaubt. Im kommenden Jahr sollen die Werkspiloten dann wieder testen können, wie oft sie wollen. Die einzige Beschränkung liegt bei den Reifen. Bridgestone wird pro Jahr 120 Sätze liefen, mit denen getestet werden kann.
Die Testbeschränkung wurde eingeführt, um die Kosten zu senken. Das ist aber nicht geschehen, sondern eher das Gegenteil ist eingetreten, wie Dorna-Boss Carmelo Ezpeleta gegenüber dem ‚Corriere dello Sport‘ bestätigt hat. Die aktuellen MotoGP-Fahrer dürfen nur eine limitierte Anzahl an Testtagen absolvieren, aber den Werken steht es völlig frei, wo und wie lange sie testen. Bridgestone stellt pro Jahr 240 Reifen zur Verfügung. Bis sie aufgebraucht sind, darf nach Lust und Laune gefahren werden.
Es wurde also nach wie vor munter getestet, doch statt Valentino Rossi drehte Testfahrer Franco Battaini seine Runden auf der Ducati, oder statt Jorge Lorenzo stieg Katsuyuki Nakasuga auf die Yamaha M1. Das Problem dabei ist, dass die Testfahrer langsamer als die Stammpiloten sind. Wenn man neue Teile testen will, muss das Motorrad konstant am Limit bewegt werden, um Fortschritte zu finden. Das Feedback der Testfahrer ist nicht von gleicher Qualität, was die Testfahrten unproduktiv machte.
Das ist ein Grund, warum wieder die Stammpiloten die Testfahrten mit den neuen 1.000ern bestreiten sollen. Ein weiterer Faktor ist die katastrophale Saison von Ducati und Rossi. Bereits früh wurde den Italienern klar, dass viel getan werden muss, und man sah das Jahr 2011 als Testsaison an. An einem Rennwochenende ist aber schlicht zu wenig Zeit, um neue Teile vernünftig zu testen und zu entwickeln.
Dazu kam der Umstand, dass sich die Teile der neuen GP12 mit dem stärkeren Motor nicht auf das Motorrad mit dem 800er-Triebwerk umlegen ließen. Im Endeffekt hat Ducati viel probiert, ist aber nicht nach vorne gekommen. Rossi hat schon im vergangenen Winter klargemacht, dass die Situation anders ist als bei seinem Wechsel von Honda zu Yamaha im Winter 2003/04. Damals drehte der neunfache Weltmeister vor dem ersten Saisonrennen tausende Testkilometer mit der M1.
In Valencia soll die Testbeschränkung der Stammfahrer aufgehoben werden. Dennoch soll das Reifenlimit bestehen bleiben. Laut Informationen von ‚MotoSprint‘ darf künftig ein Hersteller eine Strecke nominieren und dort unlimitiert mit den Stammpiloten testen – bis die Reifen ausgehen. Der Vorschlag für diese Änderung kam von den Herstellern selbst. Ducati hat sich dafür stark gemacht und wurde von Honda unterstützt.
Die Änderung wurde von der Grand-Prix-Kommission noch nicht bestätigt, man kann aber davon ausgehen, dass das demnächst der Fall sein wird. Die Dorna steht hinter diesen Plänen. Ezpeleta hat auf Phillip Island gegenüber dem ‚Corriere dello Sport‘ gesagt: „Wir sind der einzige Sport, bei dem die Athleten nicht trainieren und sich nicht verbessern können.“
Ezpeletas Zustimmung verwundert, denn er sieht die Zukunft der MotoGP in den Claiming-Rule-Teams und der Kosteneffizienz. Es könnte aber auch ein taktisches Manöver sein: Man erfüllt den Herstellern einen Wunsch, bevor es zur Konfrontation mit Ezpeleta und den CR-Teams kommt.
Text von Gerald Dirnbeck
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