(Motorsport-Total.com) – Spielberg und Motegi 2017, Katar und Buriram 2018. Bei diesen vier MotoGP-Rennen lieferten sich Marc Marquez und Andrea Dovizioso ein erbittertes, aber faires Duell, das erst in der letzten Kurve entschieden wurde.
„Nach drei Niederlagen gelang mir jetzt die Revanche“, lacht Marquez nach seinem Triumph in Thailand. „Beim vierten Mal habe ich die Statistik etwas geändert.“ Vor 100.000 begeisterten Zuschauern auf dem neuen Buriram-International-Circuit tobte in den letzten vier Runden ein packender Zweikampf.
Mehrmals versuchte Marquez ein Überholmanöver, Dovizioso konterte in der Regel sofort – untypisch für den Italiener. „Ich bin heute den Dovi-Stil gefahren“, sagt Marquez, „und er den Marquez-Stil. Am Ende ist es dann für mich gut ausgegangen. Ich versuchte es genauso wie mit Jorge in Österreich zu managen und vor dem letzten Sektor vorne zu sein. Das war mein Hauptziel.“ Das klappte in Thailand, denn Marquez konnte in Kurve 5 überholen und den Gegenangriff von Dovizioso abwehren.
„Hier habe ich das ganze Rennen ein Überholmanöver in Kurve 5 vorbereitet“, schildert Marquez seine Taktik. Schon ein paar Runden vor Rennende probierte er es an dieser Stelle, aber „ich konnte das Motorrad nicht verzögern, weil das Hinterrad stark hüpfte.“ Dovizioso begann die letzte Runde in Führung liegend. Marquez hatte sich seinen Plan zurechtgelegt: „Ich versuchte meine Karten anders auszuspielen und es hat gut funktioniert – wenn auch knapp. Wir beide haben uns diesen Sieg verdient, weil er ein sehr gutes Rennen gefahren ist.“
Warum Marquez die bessere Taktik hatte
„Leider“, meint Dovizioso, „hatte ich nicht die perfekte Strategie, weil ich nicht die Stärken und Schwächen von Marc kannte. Ich fuhr immer vor ihm.“ Marquez führte die ersten vier Runden an und ließ sich dann hinter Dovizioso und Valentino Rossi zurückfallen. Von Runde fünf bis zur spannenden Schlussphase klebte der Spanier am Heck der roten Ducati. Marquez konnte seinen Gegner ganz genau studieren. „Dovis Pace war gut, ich war vielleicht etwas schneller. Aber ich konnte nicht überholen, weil der Vorderreifen überhitzt hat und ich das Motorrad nicht gut verzögern konnte.“
Aus diesem Grund wartete Marquez die Schlussphase für einen Angriff ab. „Marc hat mich dann in Kurve 5 überholt“, schildert Dovizioso die entscheidenden Szenen. „Ich versuchte sofort zu antworten, weil ich dachte, es gibt bis zur letzten Kurve keine Möglichkeit mehr. Ich probierte es, aber es hat nicht funktioniert, weil ich in Kurve 6 Zeit verloren habe. Dann realisierte ich in Kurve 10, dass er Schwierigkeiten mit den Reifen hat. Das war mir vorher nicht bewusst. Dadurch konnte ich einige Meter aufschließen. Es war aber nicht genug, um in der letzten Bremszone nahe genug zu sein.“
Dass er den Sieg aufgrund seiner (falschen) Strategie verloren hat, will Dovizioso aber nicht gelten lassen, denn bis zum letzten Meter probierte er alles. Der Ducati-Pilot wollte in der letzten Kurve versuchen, sich innen neben Marquez zu bremsen und ihm so den Weg im Scheitelpunkt abzuschneiden. „Bei Marc weiß man nie wie er sich verhält, aber ich war zu weit dahinter, um gut bremsen und ihn aufhalten zu können. Ich realisierte sofort, dass es unmöglich ist. Ich hoffte, dass er mit mir einen weiten Bogen nehmen muss, aber er konnte sein Motorrad besser verzögern als ich.“
Warum Dovizioso trotz Niederlage guter Stimmung ist
„Es ist natürlich schlecht, wenn man einen Sieg in der letzten Kurve verliert, aber die WM ist so gut wie vorbei. Darum fahren wir nicht mehr“, spricht Dovizioso seinen großen Punkterückstand auf Marquez an. Und auch der Spanier warf aus dem gleichen Grund jegliche WM-Taktik über Board: „Ich versuchte alles zu geben und die WM und alle diese Dinge zu vergessen und wollte einfach nur mein Bestes geben.“ Das klappte auch. Mit 77 Punkten Vorsprung kann Marquez bereits in zwei Wochen beim Honda-Heimrennen in Motegi den Weltmeistertitel fixieren.
Dovizioso hat sein angepeiltes Ziel vom WM-Titel in diesem Jahr deutlich verpasst. Nun verlor er nach Aragon zum zweiten Mal hintereinander gegen Marquez. Trotzdem wirkte er in den Momenten der Niederlage nicht unzufrieden. Warum nicht? „Es gibt immer einen technischen Grund für ein Ergebnis“, hält der amtierende Vizeweltmeister fest. „Als wir nach Thailand gekommen sind, haben die Medien gesagt, dass es eine Strecke wie Österreich ist. Aber wer auch immer das sagt, versteht nicht viel über eine Strecke.“
Da sein Teamkollege Jorge Lorenzo verletzungsbedingt nicht dabei war, war Dovizioso aus Ducati-Sicht ein Einzelkämpfer. Die nächsten Ducati-Fahrer kamen als Achter, Neunter und Zehnter ins Ziel. Deswegen sagt Dovizioso: „Ich habe hier nicht viele Ducatis vorne gesehen. Wir arbeiten sehr gut und haben uns deutlich gesteigert. Dass wir um den Sieg kämpfen können, ist die Bestätigung dafür. Wir erreichen etwas Besonderes, weil wir an den kleinen Details arbeiten. Das hat einen großen Einfluss auf das Rennen.“
Seit Brünn kämpft Ducati bei jedem Grand Prix um den Sieg. Laut Dovizioso hat man auch einen Schwachpunkt der jüngeren Vergangenheit deutlich verbessert: „Auf einer Strecke, bei der der Reifenverschleiß so hoch ist, konnten wir früher nicht um das Podest kämpfen. Jetzt können wir Marc in eine schwierige Lage bringen. Unser Fortschritt ist also riesig. Das ist die Realität und so sehe ich das. Wenn jemand eine andere Meinung hat, ist das nicht mein Problem.“ In Motegi geht das Duell in die nächste Runde. Im Vorjahr hatte dort Dovizioso in der Zielschikane die Nase vor Marquez.
Ergebnisse MotoGP Buriram, Thailand 2018
Text von Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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