Nach den beiden Testwochen in Sepang sieht sich Yamaha in Schlagdistanz zu Honda. „Wir sind ihnen auf den Fersen“, sagt Rennchef Lin Jarvis und meint damit nicht nur seine beiden Werksfahrer Jorge Lorenzo und Ben Spies, sondern auch das Tech-3-Duo Andrea Dovizioso und Cal Crutchlow, die mit der 1.000er-M1 ebenfalls gut zurecht kamen.
Im Vorfeld der letzten Testfahrten vor dem Saisonauftakt, die vom 23. bis 25. März in Jerez stattfinden, ist man im Yamaha-Lager der Ansicht, über ein nahezu perfektes Bike zu verfügen und sieht sich somit gut aufgestellt, Weltmeister Casey Stoner und das Honda-Werksteam ernsthaft herauszufordern.
„Meiner Meinung fehlt uns in allen Bereichen – sei es beim Bremsen, beim Beschleunigen oder beim generellen Grip – nicht mehr als eine Zehntelsekunde. Wir müssen jetzt nur noch das Gesamtpaket einem Feintuning unterziehen“, wird Jarvis von ‚MotoGP.com‘ zitiert.
Zwei titelverdächtige Fahrer im Werksteam
Auf Fahrerseite sieht Jarvis die beiden Yamaha-Teams – das Werksteam und das Satellitenteam Tech 3 – ohnehin bestens aufgestellt. Über Ex-Champion Jorge Lorenzo urteilt der Rennchef: „Der Unterschied zwischen Jorge und Casey ist minimal und hängt ausschließlich von der jeweiligen Strecke und den Bedingungen ab. Ich gehe fest davon aus, dass sich die beiden von Beginn der neuen Saison an ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern werden.“
Ben Spies, der zweite Pilot im Yamaha-Werksteam, geht in seine dritte MotoGP-Saison. Nach einem schwierigen ersten Jahr an der Seite von Lorenzo erwartet Jarvis vom US-Amerikaner in diesem Jahr eine Steigerung. „Bei ihm liefen in der vergangenen Saison einige Dinge nicht perfekt – Vorbereitung, Gesundheit und so weiter.“ Mit seinem Sieg in Assen hätte Spies aber gezeigt, „wozu er fähig ist“.
Spies selbst rechnet sich in diesem Jahr insgeheim Titelchancen aus und der Yamaha-Rennchef unterstreicht diesen Anspruch. „Wir haben zwei Fahrer in unseren Reihen, die ganz klar das Zeug haben, um den Titel mitzufahren“, sagt Jarvis. Der Unterschied zwischen Lorenzo und Spies bestehe lediglich darin, dass der Spanier dies mit einem WM-Titel und zwei Vizetiteln in den vergangenen Jahren bereits bewiesen hat, während der US-Boy sein Potenzial über eine komplette Saison noch beweisen muss. „Ich rechne fest mit einer Top-3-Platzierung für Ben am Ende des Jahres“, so Jarvis.
Nach ihren Trainingsunfällen auf Phillip Island, die beide zu einem Startverzicht bei zwei (Spies) beziehungsweise drei Rennen (Lorenzo) zwangen, gehen die Yamaha-Werkspiloten topfit in die neue Saison. „Die Fahrer sind in guter Form und bereit. Auch das Team arbeitet gut. Um ehrlich zu sein, können wir das erste Rennen kaum erwarten. Wir wissen, dass uns noch ein Test bevorsteht, aber wir hätten nichts dagegen, morgen ein Rennen zu fahren“, so Jarvis voller Zuversicht.
Tech-3-Team auf dem Vormarsch
Doch nicht nur die beiden Werksfahrer machen Jarvis große Freude, auch die Tech-3-Piloten Crutchlow und Dovizioso hinterließen in Sepang einen starken Eindruck. „Cal hat inzwischen genug Erfahrung, um den nächsten Schritt zu gehen“, urteilt der Yamaha-Rennchef über den letztjährigen Rookie Crutchlow. „Wenn er in den Rennen noch etwas konstanter wird, erwarte ich ganz klar ein besseres Jahr von ihm.“
Crutchlows neuen Teamkollegen Dovizioso, der im Winter vom Honda-Werksteam zu Tech-3-Yamaha wechselte, beurteilt Jarvis umgekehrt: „Andreas Stärke ist die Konstanz.“ Obwohl der Italiener nach seinem Motocross-Unfall noch nicht hundertprozentig fit war, beendete er den letzten Sepang-Test auf dem dritten Platz. „Er hat gezeigt, dass er sich gut auf das Bike eingestellt hat“, lobt Jarvis.
Der Yamaha-Rennchef sieht den langjährigen Honda-Werksfahrer vor allem in den Kurven im Vorteil: „Die Yamaha lässt generell höhere Kurvengeschwindigkeiten zu als die Honda. Das sollte ihm und seinem 250er-Fahrstil entgegenkommen.“ So lässt sich Jarvis zu der Aussage hinreißen: „Für Podiumsplatzierungen ist Andrea ganz klar ein Kandidat, selbst Rennsiege halte ich bei ihm für möglich.“
Text von Mario Fritzsche
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