(Motorsport-Total.com) – Pol Espargaro kehrte in Silverstone nach langer Verletzungspause in die MotoGP zurück.
Seit seinem Unfall am Freitag beim Saisonauftakt in Portugal bis zum ersten Trainingstag in Großbritannien sind 133 Tage vergangen. Klammert man seinen Ausflug zum Festival of Speed in Goodwood aus, dann saß er über vier Monate nicht auf seiner MotoGP-Maschine.
Wie schwierig so ein Comeback ist, erlebte Espargaro vor allem am Trainingstag. „Es war sehr, sehr stressig. Ich denke, das war einer der stressigsten Tage meiner Karriere“, berichtete er am Freitag. „Auf so einer schnellen Strecke hat mein Gehirn nicht funktioniert, weil alles so schnell passiert.“
„Ich wollte mehr machen, aber im ersten Training hat mein Kopf nicht funktioniert, mit all den Informationen, die gekommen sind. Dabei realisiert man, wie schnell diese Motorräder sind und wie schnell alles abläuft. Es ist verrückt!“
Knapp drei Wochen vor Silverstone absolvierte Espargaro mit einem Superbike einen privaten Trackday in Barcelona, um sich wieder an den Speed zu gewöhnen. Aber die MotoGP ist dann doch eine komplett andere Welt.
„Ich habe noch nie zwischen zwei Trainings geschlafen, aber ich brauchte eine Stunde, weil ich überfordert war. Mein Gehirn war erledigt. Ich war zerstört, weil man von sich selbst viel verlangt, es aber unmöglich umzusetzen ist.“
„Es geht nicht nur um das Fahren. Ich meine, es gibt bestimmte Momente, wenn ich fühle, dass sich ein Highsider anbahnt. Viele Dinge schleichen sich ins Unterbewusstsein, die man ausblenden muss. Bezzecchi hatte vor mir einen Highsider, als ich eine schnelle Runde beginnen wollte.“
„In diesen Momenten muss man sich seinen Sorgen stellen. Es war nicht einfach. Abgesehen davon bin ich auch körperlich nicht bereit. Die Muskeln sehen für Sommerfotos gut aus, aber wenn man hier ist, dann realisiert man, wie hart es ist. Es gibt Muskeln, die man nur beim Fahren trainiert.“
Am Freitag war es in Silverstone trocken, aber kühl. Die Kunst bestand darin, die Reifen ins richtige Temperaturfenster zu bringen. In Portimao hatte Espargaro einen anderen Fahrer vorbeigelassen, wodurch die Reifen ausgekühlt sind. Dadurch ist er gestürzt.
Dieses Erlebnis fuhr im Hinterkopf mit: „Ich hatte auf der Aufwärmrunde Mühe, weil ich in einer Aufwärmrunde gestürzt bin. Ich wollte keinen Fehler machen. Mit dem harten Reifen konnte ich nicht pushen, um ihn auf Temperatur zu bringen. Ich kam an die Box, weil ich Angst hatte.“
Regen macht es am Samstag einfacher
Den Freitag beendete Espargaro mit 2,6 Sekunden Rückstand an der vorletzten Stelle. Der Regen sorgte am Samstag für schwierige Verhältnisse. Aber da im Regen die Abläufe langsamer sind, fiel es dem Spanier leichter.
„Für meine körperliche Verfassung war es natürlich eine Erleichterung“, bestätigt er. „Ich konnte fahren, ohne meinen Körper ans Limit zu bringen. Zunächst ging es darum, mit den anderen Jungs gemeinsam zu fahren.“
„Davor hatte ich etwas Angst, nachdem ich die Sprintrennen daheim im Fernsehen gesehen habe. Ich hatte etwas Angst davor, in der ersten Kurve mit allen ganz eng beisammen zu sein. Aber glücklicherweise ging alles gut.“
Im Grand Prix ans Aufgeben gedacht
Vom 15. Startplatz aus beendete er den Sprint an der 16. Stelle. Am Sonntag fuhr Espargaro als Zwölfter ins Ziel und sammelte somit WM-Punkte. Sein Rückstand betrug nach 20 Runden knapp über eine Minute.
„Ich bin fertig! Nach zehn Runden war ich schon fertig“, atmet der Spanier durch. „Nach zehn Runden war ich komplett erledigt. In den ersten Runden konnte ich Augusto [Fernandez] folgen. Ich denke, das war das Problem, weil ich zu viel von mir verlangt habe.“
„Mein Körper hat gesagt: ‚Genug, du hast genug gemacht‘. Mein Nacken ist komplett steif. Ich konnte nicht mehr geben. Ich habe darüber nachgedacht, aufzugeben. Aber ich wollte ins Ziel kommen.“
„Dann sah ich, dass einige Jungs in die Box abgebogen sind. Im vierten Sektor hat es zu regnen begonnen. Sie haben mir dieses Geschenk gemacht. Also bin ich weitergefahren und habe einige Punkte gesammelt.“
Körperlich ist Espargaro also noch weit von seiner Optimalform entfernt: „Sehr weit. Ich bin sehr weit weg, wo ich sein möchte. Ich kann nicht einmal einen langsamen Rhythmus fahren. Aber das hatte ich schon mit früheren Verletzungen.“
Außerdem hat sich die KTM beziehungsweise die GasGas seit Portugal im März auch weiterentwickelt. Aber Espargaro war noch nicht so weit, um das Limit zu spüren und an der Abstimmung zu arbeiten.
„Theoretisch sollte ich glücklich sein, dass ich hier bin und Rennen fahre“, sagt er abschließend zu seinem Silverstone-Comeback. „Aber wir sind Menschen. Wir wollen immer mehr. Man fragt sich natürlich, wie viele Sekunden man hinten liegt.“
„Und das ist schlecht, aber okay. Zurückzukommen und in diesem Team zu sein, ist unglaublich. Ich bin super happy. Ich bin müde, weil ich ein Rennen gefahren bin, nicht weil ich von einer Verletzung zurückkomme.“
Text von Gerald Dirnbeck, Co-Autor: Lewis Duncan
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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