(Motorsport-Total.com) – Fabio Quartararo entpuppte sich in seinem ersten MotoGP-Jahr als Überraschung der Saison.
Nach sechs Pole-Positions und sieben Podestplätzen war ihm nicht nur der Titel „Rookie des Jahres“, sondern auch der Respekt der Konkurrenz sicher. Weltmeister Marc Marquez erhob ihn sogar zum zu einem künftigen WM-Rivalen empor.
Im exklusiven Interview mit ‚Motorsport-Total.com‘ verrät der 20-jährige Petronas-Pilot, wie er seine Debütsaison selbst erlebt hat, wo er seine Rolle bei Yamaha sieht und warum ihn besonders die Duelle mit Marquez beflügelt haben.
Frage: Können Sie zusammenfassen, wie Sie sich seit Ihrem Einstieg in den MotoGP beim Valencia-Test an die MotoGP angepasst haben?
Fabio Quartararo: „In Valencia hatte ich ziemliche Angst. Es war nicht so sehr Angst, sondern Respekt. Ich verlor zwei Sekunden pro Runde und wusste nicht, wie man dieses Motorrad fährt. Nach und nach machten wir kleine Schritte nach vorne. In Jerez waren wir weniger als eine Sekunde von den Schnellsten entfernt, und dort waren die Empfindungen viel besser.
„In Malaysia fühlte ich mich sehr agil, aber ich verlor viel auf der Bremse. Ich fand keinen Weg und am letzten Tag haben wir uns überhaupt nicht verbessert. Wir kamen in Katar an und ‚Bäm‘, es funktionierte. Das Bremsverhalten war im Vergleich zu Maverick und Valentino fast perfekt. Dort haben wir den Sprung gemacht, aber danach sammelten wir natürlich weiter Erfahrungen.“
Quartararo schwärmt über Power der MotoGP-Bikes
Frage: Wie bewerten Sie die Geschwindigkeit im Vergleich zu ihrem Wechsel in die Moto2?
Quartararo: „Es ist ein großer Unterschied. In der Moto2 hast du dich bis zum Ende des ersten Tages daran gewöhnt. Aber bis man sich in der MotoGP daran gewöhnt hat, beeindruckt es einen jedes Mal, wenn man fährt. Es geht nicht so sehr darum, dass man mit 340 Kilometern pro Stunde fährt, sondern um die Beschleunigung von 80 km/h auf 250 in so gut wie nichts.“
Frage: Was gibt Ihnen diese Yamaha, dass Sie jenes Potenzial ausschöpfen können, mit dem Sie schon in der spanischen Meisterschaft (CEV) von sich reden machten? Fühlen Sie die gleiche Leichtigkeit wie damals?
Quartararo: „Ja, ich fühle mich so gut wie in der spanischen Meisterschaft. Ich bin sicher, es ist nicht das perfekte Motorrad, aber es geht mir sehr gut damit, ich fahre sehr schnell, auch in den Bereichen, in denen mich theoretisch meine Schwachstellen bestrafen müssten. In den Onboard-Perspektiven sehe ich selbst, wie agil ich bin. Die Kurven sind unsere Stärke.
Zweites MotoGP-Jahr wird umso schwerer werden
Frage: Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial in der MotoGP, angesichts Ihrer Gefühle und Ihrer noch geringen Erfahrung?
Quartararo: „Ich hoffe, dass mein Fortschritt weiter so schnell wachsen wird, aber ich denke, das ist unmöglich. Ich lerne bei jedem Grand Prix, aber im nächsten Jahr werde ich viel mehr Klarheit darüber haben, wo ich mich in Katar, in Austin oder auf Strecken, die ich mit der MotoGP nicht kannte, verbessern muss. Dann werde ich einen weiteren Schritt machen.“
Frage: Sind Sie sich bewusst, dass Sie den Status quo bei Yamaha erschüttert haben, insbesondere im offiziellen Werksteam?
Quartararo: „Ich kann das Motorrad nicht als Ausrede benutzen, um zu rechtfertigen, wenn ich langsamer bin als die anderen Yamaha-Fahrer. Für mich ist es ein Traum, in der MotoGP zu sein, ein Geschenk, und deshalb gebe ich jedes Mal, wenn ich auf die Strecke gehe, 100 Prozent. Ich habe nichts zu beklagen. Jedes Mal, wenn ich auf das Motorrad steige, habe ich nicht das Gefühl, dass ich arbeite, für mich ist es Spaß.“
Mit aktuellem Werksmotorrad 2020 noch stärker?
Frage: Denken Sie nicht, dass es die Entwicklung im Werk stark relativiert, weil Sie in der Lage sind, die schnellste Yamaha zu sein, obwohl Sie ein etwas minderwertigeres Motorrad haben?
Quartararo: „Abgesehen von der Abstimmung konnte ich nur die Carbongabeln integrieren, die uns zwar etwas mehr, jedoch keine halbe Sekunde gegeben haben. Aber es geht vor allem um die Gefühl, dass einem diese Teile vermitteln. Von Katar bis jetzt haben wir kleine Änderungen vorgenommen, die letzten Ende in der Addition und mit mehr Kilometern auf dem Konto zu einer erheblichen Verbesserung geführt haben.“
Frage: Waren Sie überrascht, dass Sie so viele neue Teile testen konnten, die nicht im ursprünglichen Plan waren?
Quartararo: „Ich sollte anfangs kein 2019er Motorrad haben, also muss ich dem Team und Yamaha dafür danken. Das allein zeigt ihr Interesse an mir. Ich sehe, dass Yamaha sehr motiviert ist. Sie haben bereits den Prototyp des nächsten Jahres mitgebracht und die Entwicklungen scheinen zu funktionieren. Ich habe gehört, dass ich ein offizielles Motorrad bekommen werde, und das wird ein Pluspunkt sein.“
Frage: Sie haben mit Marquez bereits zweimal bis zur letzten Runde um den Sieg gekämpft. Glauben Sie, dass Sie ihn so in gewisser Weise menschlicher erscheinen lassen?
Quartararo: „Mehr als das hat die Tatsache, dass ich mit ihm um den Sieg kämpfen konnte, mir dabei geholfen zu sehen, wozu ich fähig bin. In beiden Fällen war ich in der Lage mitzuhalten. Das hat mir gezeigt, dass er nicht unschlagbar ist. Es gab Momente wie zum Beispiel in Aragon, wo es sehr schwierig war, ihn zu schlagen.“
„Marquez hat acht Titel und ich habe keine, aber wir sind nach Misano und Buriram gekommen und wir haben alle Runden außer einer vor ihm gedreht. Marc war die ganze Zeit hinter mir und analysierte mich, um zu sehen, wo er angreifen sollte. Ich habe nichts gesehen, sondern nur versucht, meine Linien zu fahren. Das gab mir enorm viel Selbstbewusstsein.“
Text von Oriol Puigdemont, Übersetzung: Juliane Ziegengeist
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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