(Motorsport-Total.com) – MotoGP-Weltmeister Francesco Bagnaia musste beim Grand Prix der Emilia-Romagna, dem zweiten Rennen in Misano, wieder einen herben Rückschlag im Titelkampf hinnehmen.
Sieben Runden vor Rennende purzelte der Italiener in der Querica-Kurve (Kurve 8) durch das Kiesbett.
„Ich bin geradeaus gefahren und hatte nur 22 Grad Schräglage. Selbst im Regen kann man nicht mit 22 Grad Schräglage stürzen. Ich habe nicht hart gebremst, sondern sogar um 18 Meter früher als in meiner schnellsten Runde“, analysiert Bagnaia den Sturz.
„Trotzdem ist das Vorderrad eingeklappt, so als wenn ich eine Bodenwelle getroffen hätte. Aber dort gibt es keine. Das war seltsam, aber vom Start weg war alles seltsam. Ich weiß nicht, was heute normal war. Alles war seltsam.“
Denn beim Start hatte sich der Ducati-Werksfahrer in Kurve 1 gegen Jorge Martin (Pramac-Ducati) durchgesetzt und die Führung übernommen. Aber sie sollte nicht lange währen. Zunächst wurde er von Martin und anschließend von seinem Teamkollegen Enea Bastianini überholt.
Ab Runde fünf fuhr Bagnaia an der dritten Stelle. Seine Rundenzeiten waren langsamer als jene des Spitzenduos. Er hatte einen „schlechten“ Hinterreifen von Michelin erwischt. Das hatte sich schon Momente vor dem Start angekündigt.
„In der Aufwärmrunde ist mir das Hinterrad in der letzten Kurve weggerutscht. Dann ist das Hinterrad in Kurve 1, in Kurve 13 und in Kurve 14 weggerutscht“, schildert Bagnaia. „Ich habe attackiert und bin 1:31,7 und 1:31,8 Minuten gefahren.“
„Von einem Moment auf den anderen ist die Rundenzeit um sechs bis acht Zehntelsekunden eingebrochen, ohne etwas zu tun. Ich weiß es nicht. Das Gefühl mit dem Hinterreifen war so wie im Vorjahr in Barcelona. Dort bin ich in der zweiten Kurve abgeflogen.“
Erinnerungen an Barcelona-Highsider im Vorjahr
Damals hatte Bagnaia direkt nach dem Start einen wilden Highsider und hatte Glück, dass ihm nur ein nachfolgender Fahrer „nur“ über die Beine gefahren ist und alle anderen ausweichen konnten. „Glücklicherweise bietet diese Strecke mehr Grip als Barcelona.“
„Es war aber so wie in Barcelona. Der Hinterreifen hat nicht funktioniert. Für die anderen Fahrer war ich wie ein Pylon. Der Reifen hat für 15 Runden nicht funktioniert. Dann war er super gut, denn ich war dann super schnell. So hatte ich meine Pace erwartet.“
„Als ich nach dem Start geführt hatte, war ich mir sicher, dass ich mir einen Vorsprung herausfahren und wegfahren könnte.“ Als der Reifen schließlich funktionierte, war Bagnaia der schnellste Mann im Feld und schloss wieder zum Führungsduo Martin und Bastianini auf.
Michelin wieder in der Kritik
„Das ist sehr seltsam“, meint der Weltmeister. „Ich habe selbst noch nie gehört, dass ein Fahrer sagt, dass der Reifen erst nach 15 Runden funktioniert hat. Ich glaube, das ist für alle neu. Es ist für alle neu, dass ein Reifen erst nach 15 Runden funktioniert. Auch für sie“, spricht er Michelin an.
„Das ist schwierig zu verstehen, denn Reifendruck und Temperatur waren okay. Aber der Reifen hat nicht funktioniert. Ich weiß zu 100 Prozent, dass Michelin nicht weiß, was mit den Reifen los ist. Das ist ein Problem. Sie wollen uns immer die gleiche Chance bieten.“
„Aber aus irgendeinem Grund funktionieren die Reifen nicht immer gleich. Das ist ein großes Problem, weil dadurch die WM nicht ausgeglichen ist. In den vergangenen drei Grands Prix hatte ich drei Situationen, die nicht in unseren Händen lagen.“
Zum Beispiel sprach Bagnaia nach dem Aragon-Sprint von einem fehlerhaften Reifen, wodurch er dort chancenlos um den neunten Platz kämpfen musste. Probleme mit den Reifen scheinen sich in jüngerer Vergangenheit zu häufen.
So sagt Bastianini nach seinem Sieg: „Ich hatte am Freitag das gleiche Problem, aber mehr auf der linken Seite. In den ersten beiden Runden habe ich hinter ‚Pecco‘ gesehen, dass etwas seltsam war – vor allem auf der linken Seite, wie bei mir am Freitag. Deswegen musste ich ihn überholen.“
Entscheiden die Reifen die WM mit?
Die Frage lautet, ob diese Inkonstanz bei den Reifen eine entscheidende Rolle im WM-Kampf spielt? Im Vorjahr hatte das Martin in Katar getroffen. Mit einem „schlechten“ Hinterreifen mühte er sich zu Platz zehn und verlor damals viele WM-Punkte auf Bagnaia.
„In Katar im Vorjahr wäre es schön gewesen, wenn er nach 15 Runden funktioniert hätte, aber das ist nie passiert“, lacht Martin nach dem Misano-Rennen. „Mir ist nie passiert, dass ich einen schlechten Reifen hatte, der dann funktioniert hat.“
Bagnaia hat in Misano 2 zwar im Sprint Martin besiegt, aber durch den Ausfall im Grand Prix ist sein Rückstand auf den Spanier auf 24 WM-Punkte angewachsen. „Die Möglichkeit, dass ich nach beiden Misano-Wochenenden die WM anführe, war groß.“
„Aber dafür hatten wir nicht die Chance“, seufzt Bagnaia. „Das ist sehr schade, denn ich habe das ganze Wochenende perfekt absolviert. Ich fühlte mich körperlich wohl, ich konnte attackieren wie ich wollte.“
„Alles war bereit. Ich hatte die Pace, um das Rennen zu gewinnen. Ich startete von der Poleposition und führte die erste Runde an. Dann musste ich verlangsamen, weil der Reifen nicht bereit war.“ Den 100. MotoGP-Sieg für Ducati feierte sein Teamkollege Bastianini.
Text von Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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