Nachdem Sport1 von 2009 bis 2014 die MotoGP in die deutschen Wohnzimmer sendete, hat sich Eurosport die Rechte für die neue Saison gesichert. Ron Ringguth wird zusammen mit Ex-Weltmeister Dirk Raudies kommentieren.
Bereits bis 2008 bildeten die beiden das Kommentatoren-Duo. Zudem wechselte Alex Hofmann von Sport1 zu Eurosport und berichtet aus der Boxengasse. Lenz Leberkern unterstützt das Team. ‚Motorsport-Total.com‘ traf Eurosport-Kommentar Ringguth vor dem Saisonstart und sprach über die neue Saison, die Pay-TV-Diskussion und die Herausforderungen beim Saisonstart in Katar.
Frage: „Im vergangenen Jahr wurde lange gerätselt, welcher Sender sich die MotoGP-Übertragungen sichert. Hast du den Verlauf der Diskussionen mitverfolgt?“
Ron Ringguth: „Das habe ich nicht mitbekommen. Im Spätsommer bekam ich einen Anruf von Eurosport, dass ich mir die finalen MotoGP-Rennen anschauen soll. Da habe ich die Nachtigall trapsen hören. Zu diesem Zeitpunkt war es aber noch nicht spruchreif. In der Öffentlichkeit wurde damals noch diskutiert. Einige Quellen berichteten zu diesem Zeitpunkt, dass die MotoGP zu Servus TV wechselt. Doch ich ahnte bereits, dass der Anruf nicht umsonst getätigt wurde.“
„Da Eurosport jetzt zum Discovery-Channel gehört, ergaben sich neue Möglichkeiten – neue Vermarktungs- und Investitionsmöglichkeiten. Es war von Anfang an klar, dass in hochwertige Produkte investiert werden soll. Neu für mich war, dass nicht alle Länder betroffen sind, sondern einzelne Märkte herausgetrennt werden.“
„In diesem Fall geht es um Frankreich, die Benelux-Länder und Deutschland. Während in diesen Ländern MotoGP läuft, sendet Eurosport in den übrigen Ländern ein anderes Programm. Das entspricht auch eher der Politik, die die Dorna bereits 2008 angekündigt hatte. Damals strebte die Dorna an, die Rechte für jedes Land separat zu verkaufen. Durch diese Herauslösung bot sich die Chance, um die Rechte mitzubieten.“
„Als Kommentator bekommt man die Diskussion um die Übertragungsrechte aber grundsätzlich nicht mit. Stattdessen bekommt man einen Anruf und wird gefragt, ob man dabei sein möchte oder nicht. Der Anruf kam in diesem Fall. Ich sagte damals, dass ich Zeit hätte. Danach wurde diskutiert, wer noch zum Team gehört. Es waren ja einige Namen im Gespräch, was kein Geheimnis sein dürfte (lacht; Anm. d. Red.). Ich meinte, dass ich mir vorstellen kann, mit einigen Leuten zu arbeiten – am liebsten mit Dirk Raudies. Zudem war ich überzeugt, dass es gut wäre, Alex Hofmann mit einzubinden. Es war damals eine Idee von mir, ihn vor die Kamera zu holen. Sport1 hat diese Idee dann umgesetzt.“
Videobotschaften aus dem MotoGP-Paddock
Frage: „Bei der Wok-WM hast du deine Facebook-Fans mit Backstage-Videos unterhalten. Können sich deine Fans auch auf Videos aus dem MotoGP-Fahrerlager freuen?“
Ringguth: „Das war mehr oder weniger ein Testlauf für die Motorrad-WM. Es ist geplant, auch von den MotoGP-Wochenenden solche Videos hochzuladen. Dirk und ich werden in Katar nicht viel Zeit haben. Ich stellte mir die Frage, welchen Gehörschutz ich mitnehmen soll. Doch ich werde keinen brauchen, weil ich zumindest in Katar kein Motorrad aus der Nähe sehen werde. Wir werden sofort anfangen, das Geschehen zu kommentieren.“
Frage: „Was hat sich seit 2008 verändert?“
Ringguth: „Wir werden bei unserer Ankunft in Katar bestimmt als erstes realisieren, dass der Zweitaktgeruch fehlt (lacht; Anm. d. Red.). Durch die Änderungen in den beiden kleinen Klassen ist es noch spannender als in der Vergangenheit. Und auch in der MotoGP deutet alles auf eine sehr spannende Saison hin. Plötzlich ist Ducati wieder konkurrenzfähig und Suzuki hatte man schon abgeschrieben. Nun sind sie aber ziemlich schnell. Yamaha scheint etwas zurückzuliegen. Auch wenn ich kein Hardcore-Fan bin, freue ich mich riesig auf die Rennen. Es wird wie ein Elfmeter ohne Torwart. Das kommentiert sich wie von alleine. Ich habe richtig Bock auf die neue Saison.“
Frage: „Warst du seit dem Saisonfinale 2008 bei einem Grand Prix vor Ort?“
Ringguth: „Im vergangenen Jahr war ich beim Deutschland-Grand-Prix für einen Radiosender tätig und in der Nähe vom Sachsenring. Im Fahrerlager war ich aber seit 2008 nicht mehr. Wenn ich nicht berichte, dann muss ich nicht vor Ort sein. Ich würde auch nicht zur Wok-WM fahren, wenn ich sie nicht kommentieren würde.“
Viel Lob für Sport1
Frage: „Hast du die Übertragungen von Sport1 verfolgt?
Ringguth: „Ich habe nicht jedes Rennen verfolgt, ab und zu aber mal reingeschaut. Es ging mir dabei eher darum, zu sehen, wie sie übertragen. Ich gebe offen zu, dass ich kein MotoGP-Hardcore-Fan bin. Ich bin von keiner Sportart ein Hardcore-Fan. Ich bin Sportjournalist. Es gibt genug Fans, die mit einer Kamera oder einem Block und einem Stift herumrennen. Wenn man darüber berichtet, dann beschäftigt man sich intensiver und kann dadurch sicher auch eine bessere Distanz aufbauen als wenn man ein Fan ist.“
Frage: „Wie bewertest du die Übertragungen von Sport1?“
Ringguth: „Sie haben eine sehr gute Übertragung geliefert. Sie haben die Latte sehr hoch gelegt. Das Glück von Sport1 war, dass sie nur einen Markt bedienen mussten. Bei uns war das in der Vergangenheit nicht möglich. Wir sendeten in ganz Europa. Bei Interviews war es schwierig, die deutschen Piloten zu präsentieren. Wir hatten nur das internationale Bild und darauf kommentiert. Wenn man aber nur einen Markt bedient und eine Regie vor Ort hat, dann hat man viel bessere Möglichkeiten. Das können wir erstmalig so machen.“
„Wir haben eine eigene Regie, die aber in Paris sitzt. Wir haben keine eigene Regie vor Ort. Alex Hofmann muss sich die Livekamera in der Boxengasse 70/30 mit der holländischen Kollegin teilen. Die Priorität liegt bei uns. Zudem wird es einen Zusatzkanal geben, auf dem wir eigene Beiträge senden. Eurosport hat noch nie soviel Aufwand betrieben. Es wird sicher spannend werden. Es ist kein Geheimnis, dass wir bei Eurosport etwas aufgeregt sind. Wir tasten uns in Doha langsam heran und sind danach bei den beiden Überseerennen. Ich hoffe, dass wir beim Europaauftakt richtig eingespielt sind. Wir bitten deshalb um etwas Geduld.“
Ringguth drückt Rossi die Daumen
Frage: „Wer ist dein Favorit für die neue Saison?“
Ringguth: „Ich möchte keinen Tipp abgegeben. Sicher hat jeder, der danach gefragt wurde, den Namen Marquez in den Mund genommen. Ich denke, bei vielen Teampräsentationen sprach man davon, die Meisterschaft anzustreben. Es kann aber nur einer Weltmeister werden. Natürlich sympathisiere ich mit den deutschen Piloten, doch am Ende soll der beste Fahrer gewinnen. Wir werden den Fokus nicht nur auf die deutschen Piloten richten.“
„Yamaha liegt momentan etwas zurück. Doch ich gehe davon aus, dass sie wissen, wie sie den Rückstand aufholen können. Als Vertreter der älteren Generation würde ich mich freuen, wenn ein Vertreter der älteren Generation im Fahrerlager namens Rossi den einen oder anderen Überraschungscoup landen würde. Im vergangenen Jahr konnte man sehen, dass er voll motiviert ist. Jetzt wird er sich vielleicht denken, dass er zum falschen Zeitpunkt für Ducati fuhr.“
„Ich würde mich sehr freuen, wenn er für die eine oder andere Überraschung sorgt. Dafür ist der alte Mann immer noch gut. Er kommt mit Dirk Raudies sehr gut zurecht. Die beiden verbindet ein besonderes Rennen: Das letzte Podest von Raudies war Rossis erster Podestplatz. Beide standen zusammen auf dem Podium. Man muss sich mal vor Augen führen, wie lange Dirk Raudies nicht mehr aktiv ist. Rossi fährt immer noch und ist nach wie vor gut genug für Podestplätze und Siege.“
Frage: „Bei den Sport1-Übertragungen stand Stefan Bradl im Fokus. Wird das bei euch ähnlich sein?“
Ringguth: „Damit macht man Quote. Deutsche Fans möchten deutsche Piloten sehen. Sicherlich werden wir von den deutschen Piloten berichten, doch wir haben aus Paris die Anweisung, uns nicht nur auf die deutschen Fahrer zu konzentrieren. Wir werden kein Bradl-TV machen. Das steht fest.“
Frage: „Der Patriotismus ist in Deutschland ohnehin nicht so ausgeprägt wie in Italien oder Spanien.“
Ringguth: „Gut finde ich, dass die Fans des Grand-Prix-Sports sehr tolerant und fair sind. Am Sachsenring sieht man, dass viele Fans mit Valentino Rossi sympathisieren oder sich für die Motorradmarke begeistern, die sie selbst in der Garage stehen haben. Selbst in Spanien sieht man nicht nur Marquez-Mützen und Pedrosa-Fahnen, obwohl die Spanier sehr viel Nationalstolz haben. Selbst dort hat Rossi seine Fans. Jeder fiebert mit seinem Idol mit und gönnt im Vergleich zum Fußball den Gegnern mehr. Das ist schön.“
Voraussichtlich bei 15 Rennen live vor Ort
Frage: „Bei welchen Rennen seid ihr live vor Ort?“
Ringguth: „Wir werden wahrscheinlich mit Ausnahme der drei östlichen Überseerennen – Japan, Malaysia und Australien – bei allen Events vor Ort sein. Diese drei Rennen laufen zu Zeiten, die für niedrige Quoten sorgen. Wenn man gute Quellen hat, wie zum Beispiel Motorsport-Total, dann bekommt man von diesen Rennen auch so etwas mit. Bei den Rennen, bei denen wir nicht vor Ort sind, werden wir aus einem Studio kommentieren. Es kann sogar sein, dass wir aus Paris kommentieren. Es steht noch nicht genau fest.“
Frage: „In Deutschland wurde sehr emotional über das Thema Pay-TV diskutiert. Verständlich?“
Ringguth: „Die Diskussion ist berechtigt. In Deutschland war man es gewohnt, alles frei zu empfangen. Das ist das Problem. Es gibt eine große Anzahl an TV-Sendern. Fakt ist aber, dass der TV-Markt sehr begrenzt ist. In anderen Ländern entwickelte es sich ebenfalls in diese Richtung. Man darf nicht vergessen, dass Pay-TV noch die fairste Form der Übertragung ist.“
„Für die öffentlich rechtlichen Sender muss eine Abgabe geleistet werden. Selbst für das sogenannte Free-TV muss bezahlt werden, auch wenn man es nicht schaut. Indem man Dinge wie Schokolade, Kaffee oder irgendein Shampoo kauft, zahlt man indirekt für das Free-TV mit. Unterm Strich heißt Pay-TV, dass man für das zahlt, was man nutzt. Klar ist es ein emotionales Thema. Einige werden auch sagen, dass sie es dann eben nicht mehr schauen. Es ist ein freies Land. Das kann jeder selbst entscheiden.“
„Man sollte nicht vergessen, dass die Kosten überschaubar sind. Pro Monat beträgt die Gebühr etwa soviel, wie zwei Kaffees in einem Cafe kosten. Es ist auch vorstellbar, dass die Rennen im Player ohne Werbung gezeigt werden. Das ist aber noch nicht fix. Es wäre eine andere Form der Vermarktung. Das erste Programm wird durch Werbung getragen. Zudem bezieht Eurosport die sogenannte Kabeleinspeisungsgebühr und muss sich nicht nur durch Werbung finanzieren. Das gilt allerdings nicht für Deutschland.“
Pay-TV ist Neuland für die deutschen Fans
Frage: „Spielt die jeweilige Generation beim Thema Pay-TV eine Rolle?“
Ringguth: „Seit Jahrzehnten sind es die Zuschauer gewohnt, alles umsonst zu bekommen, wobei es ja nicht umsonst ist. Die Rundfunkgebühren werden automatisch eingezogen und die anderen Programme werden indirekt finanziert. Wir konsumieren und müssen dafür bezahlen. Hinzu kommt, dass die Zuschauer bei uns keine Kompromisse machen müssen, was die Sendezeiten angeht.“
„Wir sind vertraglich verpflichtet, alle Rennen zu zeigen. Es ist genau festgelegt, was wir mindestens senden müssen. Einige haben vergessen, wie es in der Vergangenheit bei Eurosport war. Wenn die MotoGP fuhr, mussten selbst die Tour de France oder die Olympischen Spiele zurückstecken.“
„Die Überseerennen werden auf Eurosport 2 laufen. Durch die Zeitverschiebung sind die Zuschauerquoten erfahrungsgemäß niedriger. Zudem gehen wir diversen Großereignissen aus dem Weg. Man darf nicht vergessen, dass die Tour de France für Eurosport sehr wichtig ist. Jetzt haben wir die Chance, dem aus dem Weg zu gehen. Wir sind ein französischer Fernsehsender. Natürlich sind die French Open deshalb sehr wichtig für uns. Nun haben wir die Chance, auf Eurosport 2 auszuweichen.“
„Es ist nicht einfach für die Fans, zu verstehen, dass es Leute gibt, die sich für andere Sportarten interessieren. Sie denken, der Planet dreht sich nur um die eigenen Ansichten. So ist es aber nicht. Es gibt auch Snooker-Fans. Die Quoten sind da sehr gut. Fußball ist hierzulande auch extrem beliebt. Sobald ein Ball rollt, sind die Quoten sehr gut. Selbst unbedeutende Spiele sorgen für bessere Quoten als ein Freies Training der Moto3. Wir sind ein kommerzieller Sender, der Geld verdienen muss. Also müssen wir uns auch einen Kopf machen, wie wir das machen. Ich denke, die Leute werden es mit der Zeit verstehen. Selbst am Sonntag Motorradfahren ist ja auch etwas Schönes.“
Frage: „Fährst du selbst Motorrad?“
Ringguth: „Ich habe seitdem ich 18 Jahre alt bin einen Motorradführerschein. Ich bin ab und an auch selbst gefahren. Doch ich werde mich sicher nicht mehr auf eine Rennmaschine setzen. Dafür habe ich in meinem Leben schon zuviel Unfug gemacht. Mir wurde angeboten, selbst zu fahren. Ich würde es nicht mehr annehmen. Für solche Dinge habe ich zwei Leute an meiner Seite, die das sehr gut können oder konnten. Ich fahre Roller. Das reicht mir mittlerweile.“
Frage: „Vielen Dank für das offene Gespräch.“
Ringguth: „Gern. Wir hoffen, den Leuten ein Produkt anbieten zu können, von dem sie sagen, dass es sich für sie lohnt. Ich freue mich auf eine spannende Saison.“
Text von Sebastian Fränzschky
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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Hallo Herr Ringguth.
Können Sie die Namen der Rennfahrer bitte richtig aussprechen?
Marquez z.b. mit der betonung auf dem quez.
Und Dirk.
Das heisst Jerez vorne wie ch in hoch und nicht wie China.
Dankeschön