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© GP-Fever.de – Valentino Rossi und Jorge Lorenzo waren nicht nur Teamkollegen, sondern Rivalen

(Motorsport-Total.com) – Eine wirkliche Überraschung war der Rücktritt von Jorge Lorenzo zum MotoGP-Saisonende 2019 für viele nicht.

Dennoch schlug die offizielle Bestätigung am Donnerstag ein wie eine Bombe. Bei der extra dafür einberufenen Pressekonferenz in Valencia platzte der Raum aus allen Nähten. Auch Fahrerkollegen versammelten sich nahezu geschlossen, um Lorenzos Abschiedsrede zu hören und ihm die Ehre zu erweisen.

In der üblichen Donnerstags-PK vor dem Rennwochenende ergriffen sie dann auch selbst das Wort. So sagte Valentino Rossi, der sich mit Lorenzo bei Yamaha viele Jahre eine Box teilte: „Ich denke, dass Jorge mit Sicherheit einer der wichtigsten MotoGP-Fahrer der modernen Ära ist. Mit ihm verlieren wir einen sehr wichtigen Teil unseres Sports.“

„Er ist ein großartiger Champion und hat mich viele Male beeindruckt, mit seinem Speed, seiner Konzentration. Als er in die MotoGP kam, war er vom ersten Moment an sehr stark, seit 2008, also mehr als zehn Jahre… Wir waren sehr lange Teamkollegen und haben uns viele Jahre eine Box geteilt. Für mich persönlich ist er einer der größten Rivalen in meiner Karriere“, blickt Rossi auf sein Verhältnis zu Lorenzo.

Valentino Rossi: „Es ist schade, dass er aufhört“
Gemeinsam seien sie einige ihrer besten Rennen gefahren: „Ich erinnere mich an Barcelona 2009, als wir uns das ganze Wochenende über duellierten. Wenn man einen Kampf wie diesen austrägt, die ganze Saison über, aber insbesondere dieses Wochenende bis zur letzten Kurve, wird das für dich und deinen Gegner zu etwas ganz Speziellem.“

„Auch wenn einen das nicht zu Freunden macht, es war ein toller Kampf. Am Ende nahmen wir uns im Parc ferme in den Arm. Es war ein guter Moment, weil wir beide alles gegeben hatten“, schwärmt der Yamaha-Pilot von damals. „Es ist schade, dass er aufhört. Aber er ist gesund und ich wünsche ihm für die Zukunft viel Glück.“

Auch mit Marc Marquez hat Lorenzo so manchen Kampf ausgefochten, bevor er selbst zu Honda wechselte und sein Teamkollege wurde. Bis heute ist er der einzige MotoGP-Pilot, der Marquez‘ Titelserie seit dessen Aufstieg in die Königsklasse unterbrechen konnte: 2015 gelang ihm der Titelgewinn – nur fünf Punkte vor seinem damaligen Yamaha-Teamkollegen Rossi. Es war Lorenzos letzter Gesamtsieg in der WM.

Lorenzo auf und abseits der Strecke „starker Charakter“
Danach war wieder Marquez das Maß der Dinge. Er hatte nicht mit einem Rücktritt gerechnet: „Im Team wussten wir nichts davon. Es war also eine Überraschung, auch angesichts seiner Arbeitsweise in der Box während der letzten Rennen. Unabhängig von den Ergebnissen hat er genauso gearbeitet wie an seinem ersten Tag bei Honda.“

„Vor seiner Ansprache war ich noch bei ihm und habe ihm gratuliert, nicht nur zu einer Karriere, sondern vor allem auch zur Art und Weise seiner Entscheidung“, verrät Marquez. „Es zeigt, wie Jorge ist, ein wahrer Champion. In dem Moment, in dem er spürte, nicht mehr um die Spitzenplätze kämpfen zu können, entschied er sich aufzuhören. Das sagt viel über ihn, er hat einen starken Charakter auf und abseits der Strecke.“

Diesen starken Charakter bekam Marquez früh zu spüren. „Die erste Erinnerung, die ich mit Jorge habe, geht auf das Jahr 2010 zurück, als er in der MotoGP und ich in der 125er-Klasse den Titel gewann“, erzählt er. „Wir hatten ein Dinner und ich aß einfach alles, was da war. Er redete auf mich ein: Du musst Diät halten als professioneller Rennfahrer. Er war sehr bestimmend, seine Rede am Tisch hatte es in sich.“

Dovizioso und Lorenzo schon in jungen Jahren Gegner
Solche Anekdoten kann auch Andrea Dovizioso erzählen. Seine Karriere verlief quasi parallel zu der von Lorenzo: „Ich begegnete ihm in der europäischen Meisterschaft 2001, danach wechselten wir in jedem Jahr zeitgleich die Klasse. Wir waren also schon immer große Konkurrenten.“ Und also solche schenkten sich beide schon früh nichts.

„Ich habe viele Erinnerungen. Eine lustige betrifft unser erstes Rennen in der europäischen Meisterschaft. Wir kämpften bis zur letzten Kurve um den Sieg. Ich überholte ihn und gewann. Das Beste war aber, wie sehr er auf dem Podium geweint hat. Ich weinte auch jedes Mal, wenn ich nicht gewann. Und dieses Mal war es andersrum. In diesen Momenten haben wir damals wirklich viel geweint“, schmunzelt Dovizioso.

Für das, was Lorenzo erreicht hat, aber auch seine Entscheidung zum Rücktritt zeigt der Ducati-Pilot großen Respekt: „Er hat viele Rennen und Titel gewonnen. Daher denke ich, dass er mit seiner Karriere einfach nur glücklich sein kann. Leider ist es in diesem Sport manchmal so, dass man nicht mehr in der Lage ist, das Niveau zu halten.“

Alex Rins schwärmt: „Für mich ist er ein Idol“
„Er hatte in den letzten beiden Jahren einige Stürze, die ihn vor allem kopfmäßig beeinflusst haben“, weiß Dovizioso. „Aber was er in dieser Meisterschaft erreicht hat, ist etwas Großes.“ Dem kann auch Maverick Vinales nur beipflichten. Er wurde ab der MotoGP-Saison 2017 Lorenzos Nachfolger bei Yamaha, als dieser zu Ducati wechselte.

„Fünfmal den Titel zu gewinnen, ist keine einfache Sache“, goutiert der Spanier die Erfolge von Lorenzo in der Motorrad-WM. „Er ist ein großartiger Fahrer mit einem großen Talent. In jeder Kategorie war er an der Spitze, das spricht für sich. Er hat gespürt, dass es für ihn jetzt der richtige Moment ist. Ich wünsche ihm für die Zukunft alles Gute.“

Für Suzuki-Pilot Alex Rins verlässt mit Lorenzo eines seiner großen Vorbilder die Bühne. „Als ich anfing, die Rennen im Fernsehen anzuschauen, war er meine Referenz“, verrät er in Valencia. „Ich habe sehr mit ihm gefiebert. Für mich ist er ein Idol. Er hat viele Rennen gewonnen, hat ein sehr großes Talent. Ich durfte nicht in vielen Rennen mit ihm kämpfen, aber es war toll, die Strecke mit ihm teilen zu können.“

Assen-GP 2013 für Morbidelli bis heute denkwürdig
Auch Franco Morbidelli blieb mit Lorenzo nicht viel gemeinsame Zeit auf der Strecke. Dennoch hat er ganz besondere Erinnerungen an den fünffachen Champion: „Ich weiß noch genau, wo ich war, als ich zum ersten Mal Notiz von Jorge nahm. Das war in Rio, wo er das Rennen gewann und dann anhielt, weil ihm der Sprit ausgegangen war.“

„Das hinterließ einen bleibenden Eindruck bei mir. Er hatte eine unglaubliche Karriere mit großartigen Ergebnissen – mit einem wirklich eigenen Stil, nicht nur auf, sondern auch abseits der Strecke“, sagt Morbidelli über Lorenzo. „Er ist definitiv einer der größten Fahrer in der Geschichte dieser Serie. Dass er zurücktritt, ist schade. Aber wenn er mit dieser Entscheidung glücklich ist, sollten wir alle das auch sein.“

Auf einen denkwürdigen Moment in Lorenzos Karriere angesprochen, erinnert sich Morbidelli: „Was mich wirklich beeindruckt hat, war Assen 2013, als er sich verletzte und zurückkam, um das Rennen zu fahren. Ich glaube, das ist etwas sehr Herausragendes. Ich war erstaunt und fasziniert.“ Damals ging Lorenzo gegen den Rat der Ärzte an den Start und wurde mit frisch operiertem Schlüsselbein Fünfter.

Text von Juliane Ziegengeist

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