Für Valentino Rossi ist die Situation beim MotoGP-Finale in Valencia klar: Marc Marquez hat Jorge Lorenzo abgeschirmt und „Bodyguard“ gespielt, damit der WM-Titel in Spanien bleibt und Rossi nicht gewinnt. “
Das Rennen war blamabel und die letzten Runden waren schlecht für unseren Sport. So etwas ist noch nie zuvor passiert“, sagt Rossi nach seinem vierten Platz, der zu wenig für den WM-Titel war. „Marc Marquez hat sich dazu entschieden, Lorenzo zu beschützen und ihm zu helfen, damit er die WM gewinnt. Das Problem hat in Phillip Island begonnen und ist anschließend immer schlimmer und schlimmer geworden.“
Rossi kam es sehr seltsam vor, dass Marquez Lorenzo die gesamte Renndistanz wie ein Schatten folgte und auch im letzten Renndrittel schneller wirkte, aber keinen einzigen Angriff setzt: „Wenn man sich die Rennen von Marc Marquez in den vergangenen beiden Jahren angesehen hat, dann weiß man, dass er immer ein Überholmanöver versuchen wird“, erinnert Rossi an Manöver wie Jerez 2013 oder Assen in diesem Jahr.
„Die erste Frage ist: Warum hat Marc Marquez nicht einmal versucht Jorge Lorenzo zu überholen? Warum hat er es in der letzten Runde nicht ein einziges Mal versucht? Die Situation wurde für Dani Pedrosa sehr unangenehm. Pedrosa lag weit zurück und hat am Ende zwei Sekunden aufgeholt. Das bedeutet, dass das die Pace von Jorge war und Marc nur gewartet hat“, sagt Rossi seine Sicht der Dinge klipp und klar.
Marc Marquez streitet ab
In der Pressekonferenz wurde Marquez mit Rossis Attacken konfrontiert. Der Spanier verstand die Welt nicht mehr und winkte ab: „Das hat er in Phillip Island auch schon gesagt. Da habe ich es nicht verstanden, denn da habe ich ihm fünf Punkte verschafft und Iannone hat ihm vier weggenommen, beginnt Marquez mit dem Anfang der Geschichte. „Nach Phillip Island haben wir uns noch die Hände gegeben und alles war okay. Dann kamen wir nach Malaysia und da kam es am Donnerstag zu diesen Vorfällen.“
Sichtlich verärgert setzt der entthronte Weltmeister fort: „Wenn ich heute versucht hätte, den ‚Bodyguard‘ für Lorenzo zu spielen, dann wäre ich fünf oder sechs Sekunden hinter ihm gefahren und wäre nicht das Risiko eingegangen, ihm zu folgen. Ich bin in diesem Rennen ein großes Risiko eingegangen und wenn ich tatsächlich dieses Ziel gehabt hätte, dann wäre ich zehn Sekunden hinter ihm geblieben. Es wäre ganz einfach gewesen. Mein Ziel war es aber wie immer, 100 Prozent zu geben und um den Sieg zu kämpfen.“
Rossi kann über Marquez nur lachen: „Wenn er den Helm abnimmt, sagt er, dass das nicht stimmt. Aber er weiß genau, wenn ich mir es im Fernsehen ansehe, dann ist es klar, dass er Lorenzo hilft. Für mich ist Marc deswegen glücklich“, findet der Routinier deutliche Worte und denkt auch an die Fans: „Ich persönlich, und ich denke auch viele Leute, wollten so ein WM-Finale nach einer tollen Saison nicht sehen. Ich denke, dass diese WM eine der besten der vergangenen Jahre hätte werden können. Leider hat sich in den letzten drei Rennen etwas verändert. Niemand hat das erwartet.“
Rossi: „Auf diese Art ist es nicht fair“
Durch die Vorkommnisse von Malaysia waren Rossis Chancen durch den letzten Startplatz schon von vornherein gering. „Mir war am Donnerstag klar, dass meine WM vorbei ist, weil mir klar war, dass Marquez seine Arbeit zu Ende bringen und Lorenzo beschützen wird. Ich habe das bereits am Donnerstag gesagt und es ist genau so eingetreten, wie ich es vorausgesagt habe.“ Trotzdem präsentierte sich Rossi am späten Sonntagnachmittag den Medien gut gelaunt und locker.
Man hatte fast den Eindruck, dass er die WM-Niederlage lockerer wegsteckt als viele seiner Fans. „Ich bin nicht enttäuscht, weil ich meine Karten so gut wie möglich ausgespielt habe, aber dieses Finale macht mich traurig. Ich war bereit, die WM an Jorge zu verlieren, weil er immer sehr schnell ist. Auf diese Art ist es aber nicht fair.“ Trotzdem verlor Rossi die WM nicht zwangsweise in Valencia, denn mehr als der vierte Platz wäre auch mit einem Startplatz in den ersten beiden Reihen kaum möglich gewesen.
„Es war ein seltsames Wochenende, denn ich wusste, dass meine Chancen sehr klein waren. Ich war heute nicht sehr schnell. Es stimmt aber auch, dass ich mit frischen Reifen am Anfang im Verkehr überholen musste. Dadurch konnte ich nicht mein Maximum geben. Wenn ich auf einem normalen Startplatz gestanden wäre, hätte ich zumindest versuchen können mit Jorge zu kämpfen“, seufzt Rossi. Und trotzdem hätte sich die WM in den letzten beiden Runden noch drehen können, wenn beide Honda-Fahrer an Lorenzo vorbeigegangen wären.
Speziell Pedrosa war in der Schlussphase gut unterwegs. Deswegen kann Rossi die Einstellung der Honda-Bosse überhaupt nicht nachvollziehen. „Für mich ist die Position von Honda schwer zu verstehen: Wie kann ein Hersteller damit einverstanden sein, wenn er Yamaha zum Titel verhilft und gegen den eigenen Teamkollegen kämpft. Das ist sehr merkwürdig, ich verstehe es nicht“, schüttelt Rossi den Kopf. Sein Band mit Honda ist ohnehin seit mehr als zehn Jahren zerschnitten.
Es stellt sich die Frage, wie es in Zukunft weitergehen wird. Haben die letzten drei Rennen die Büchse der Pandora geöffnet und wir stehen erst am Anfang eines großen Krieges? „Diese Geschichte ist momentan sehr heiß, aber für die nächste Saison werden andere Dinge sehr wichtig – die Motivation“, denkt Rossi an die kommenden Monate. „Diese Geschichte ändert meine Zukunft nicht. Ich habe meinen Vertrag mit Yamaha unterschrieben. Ich war in dieser Saison konkurrenzfähig und mache im nächsten Jahr weiter. Dann werde ich weiter entscheiden.“
Text von Gerald Dirnbeck
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