Jorge Martin - © Motorsport Images

© Motorsport Images – Jorge Martin bejubelt seinen zweiten MotoGP-Sieg nach Spielberg 2021

(Motorsport-Total.com) – Der Kampf um den Sieg im MotoGP-Rennen beim Grand Prix von Deutschland 2023 auf dem Sachsenring war ein spannender.

Im Duell zweier Ducati-Fahrer war es Pramac-Pilot Jorge Martin, der sich knapp gegenüber Werkspilot Francesco „Pecco“ Bagnaia durchsetzte. Im Ziel waren die beiden nach 30 Runden durch gerade mal 0,064 Sekunden getrennt.

Die Entscheidung fiel in der letzten Kurve der vorletzten Runde. Dort nämlich fuhr Bagnaia auf das Hinterrad von Spitzenreiter Martin auf und verlor dabei entscheidende Zehntelsekunden, um in der letzten Runde nochmals angreifen zu können. Im Rennergebnis belegten fünf Ducati-Fahrer die ersten fünf Positionen – ein Novum für den italienischen Hersteller.

Zuvor hatte Martin den Großteil der Distanz in Führung gelegen. Den Start gewann Bagnaia, aber in der dritten Runde wurde er von Martin überholt. In der zweiten Rennhälfte gelang es Bagnaia, sich nochmals für drei Runden an die Spitze zu setzen. Halten konnte er die Spitze aber nicht.

Denn als Bagnaia an ihm vorbei war, war Martin fest entschlossen zu kontern. Das gelang dem Pramac-Piloten an der gleichen Stelle, wo er die Führung verloren hatte: In Kurve 12, die sich an die Bergabpassage auf der Rückseite der Boxengasse anschließt. Und nachdem er auch das Auffahren durch Bagnaia in Kurve 13 der vorletzten Runde unversehrt überstanden hat, feierte Martin eine Runde später den Sieg.

Martin: Kontakt mit Bagnaia gar nicht realisiert
Den Kontakt, als ihm Bagnaia auf das Hinterrad fuhr, hat Martin gar nicht als solchen realisiert. „Ich spürte, wie das Motorrad wackelt. Aber ehrlich gesagt wackelte es im ganzen Rennen. Deshalb habe ich das gar nicht realisiert“, beschreibt Martin.

Allerdings gibt der Sieger auch zu: „Als ich eingangs der letzten Runde den Vorsprung von zwei Zehntelsekunden gesehen habe, habe ich mich schon kurz gewundert. Ich dachte, er würde mir direkt im Nacken sitzen. Gesehen habe ich die Szene erst hinterher im Fernsehen.“

Bagnaia beschreibt die Berührung aus seiner Sicht: „Ein Überholmanöver in Kurve 1 zu setzen, das war heute extrem schwierig. Warum? Weil wir das gesamte Rennen über 1:21er-Rundenzeiten gefahren sind, war der Hinterreifen komplett fertig und es war sehr schwierig, aus der letzten Kurve heraus den nötigen Schwung aufzubauen.“

„In dem Moment aber“, so Bagnaia weiter, „hatte ich etwas mehr Kurvenspeed. Ich wollte das Manöver vorbereiten, um ihn am Ende der Geraden doch überholen zu können. Dabei war ich vielleicht ein bisschen zu dicht hinter ihm und wir haben uns berührt. Ich habe da einfach etwas anderes probiert. Das ist nicht aufgegangen.“

Das Rennen als Ganzes „hat Spaß gemacht“, sagt Bagnaia und beschreibt: „Ich habe alles versucht, aber Jorge war einfach einen Tick schneller. Die Chance auf eine Schlussattacke hatte ich dann nicht mehr, nachdem ich ihn zwei Runden vor Schluss am Hinterrad berührt habe. Ich glaube, mehr als das, was herausgekommen ist, war heute nicht möglich.“

Bagnaia geschlagen zu haben „sehr wichtig“ für Martin
In Martins MotoGP-Karriere ist es der zweite Sieg und der erste seit fast zwei Jahren. Seinen Premierensieg hatte er im August seiner Rookie-Saison 2021 eingefahren, und zwar beim Grand Prix der Steiermark auf dem Red-Bull-Ring in Spielberg. Auf dem Sachsenring hat er nun nachgelegt – und wie.

Denn nachdem sich Martin schon im Sprint am Samstag gegenüber Bagnaia durchgesetzt hatte, ist es dem Spanier mit seinem Sieg im Grand Prix am Sonntag gelungen, das Deutschland-Wochenende mit der Idealpunktzahl von 37 Zählern abzuschließen. Gleiches war „Pecco“ Bagnaia vorige Woche am Italien-Wochenende in Mugello gelungen.

Was Martin an seinem Triumph am Sonntag auf dem Sachsenring aber besonders gut gefällt: „Ich habe nicht nur gewonnen, sondern ich habe ‚Pecco‘ auf der Strecke bezwungen. Das ist sehr wichtig. Schließlich ist er seit eineinhalb Jahren der stärkste Fahrer. Ihn geschlagen zu haben, das bedeutet mir sehr viel.“

Des Weiteren fügt Martin hinzu, dass der Sieg „sehr emotional für mich“ war und „das Gefühl einfach fantastisch ist, denn in der vergangenen Saison hatte ich doch ziemlich große Probleme, um konkurrenzfähig zu sein“. Damit erinnert der Spanier an die Saison 2022, die er auf dem neunten Platz in der WM-Tabelle abgeschlossen hat.

Ganz anders die Saison 2023: In dieser ist Martin allein bei den Grands Prix zuletzt dreimal in Folge Zweiter, Zweiter und Erster geworden. Hinzu kommen seine starken Leistungen in den Sprints, wo er schon viermal die Top 3 erreicht hat. „Das vergangene Jahr war wirklich frustrierend. Aber in diesem Jahr ist es uns gelungen, zurückzuschlagen und nahezu überall stark zu sein“, freut sich der Pramac-Ducati-Pilot.

Bagnaia will keine Teamorder von Ducati
Das Gefühl eines Sieges am Sonntag „habe ich wirklich vermisst“ bekennt Martin und hofft, dass sein perfektes Sachsenring-Wochenende „nur der erste Schritt auf dem Weg an die Spitze ist“.

In der MotoGP-Gesamtwertung 2023 hat Martin als Zweiter den Rückstand auf Tabellenführer Bagnaia nun auf 16 Punkte verkürzt. Bis zur Sommerpause im MotoGP-Kalender 2023 steht noch ein Rennwochenende an: der Grand Prix der Niederlande in Assen am kommenden Wochenende.

Wünscht sich Tabellenführer Bagnaia im Ducati-Werksteam eine Teamorder, sprich dass Teamkollege Enea Bastianini im Fall der Fälle für ihn Platz macht, sollte sich die Situation ergeben? Das verneint „Pecco“ indem er sagt: „Enea hat im vergangenen Jahr [im Gresini-Team] mehrere Rennen gewonnen. Schon damals habe ich es nicht gewollt, dass ihm Ducati die Möglichkeit zu kämpfen verwehrt. Daran hat sich nichts geändert.“

„Ich kenne mein Potenzial und glaube, dass ich keine Hilfe brauche. Ich möchte es mit meinem Team und der Arbeit, die wir in der Box verrichten, selber in der Hand haben“, sagt der Titelverteidiger und aktuelle WM-Spitzenreiter.

Text von Mario Fritzsche

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