Dieser Matchball ging daneben: Ein vierter Platz beim Großen Preis von Malaysia reichte Honda-Pilot Marc Marquez nicht, um seinen Weltmeistertitel vorzeitig zu verteidigen.
Weil WM-Verfolger Andrea Dovizioso das Regenrennen in Sepang gewann, schrumpfte der Vorsprung von Marquez auf 21 Punkte. Das ist immer noch ein gutes Polster für das Saisonfinale in Valencia. Doch auch dort muss der Spanier erst einmal ins Ziel kommen.
Darauf lag auch in Malaysia das Hauptaugenmerk. Nachdem es 30 Minuten vor dem Rennstart heftig geregnet hatte, waren die Bedingungen schwierig. „Es war nass und rutschig. Entsprechend schwer war es zu verstehen, wo das Limit ist. Fehler konnten da leicht passieren“, erklärt Marquez. Nach einem aggressiven Start bog er zwar als Erster in die erste Kurve ein, konnte die Linie aber nicht halten und musste Johann Zarco (Tech-3-Yamaha) durchlassen.
„Dann merkte ich, dass beide Ducatis schneller waren als ich“, sagt der Spanier weiter. In der Folge gingen sowohl Jorge Lorenzo als auch Dovizioso an ihm vorbei und schnappten sich kurz darauf Zarco. Bei dessen Verfolgung steckte Marquez dann bewusst zurück: „Ich ging ein paar Risiken ein und dachte mir dann: ‚Es ist mehr oder weniger dasselbe, mit 24 oder 21 Punkten Vorsprung nach Valenica zu reisen. Also entschied ich, den vierten Platz abzusichern.“
Marquez: „Aus irgendeinem Grund fehlte das Gefühl“
Marquez war schon früh an diesem Rennwochenende klar, dass es für diesmal weniger darum gehen würde zu attackieren als vielmehr zu verteidigen. Denn Ducati- und WM-Rivale Dovizioso hatte sich seit Freitag stark präsentiert und war in der Vergangenheit in Sepang oft sehr erfolgreich unterwegs. Ganz anders Marquez, der den Kurs nicht gerade zu seinen Lieblingsstrecken zählt und am Sonntag für sich noch das Beste daraus machte.
„Sie waren heute wie immer sehr stark in der Beschleunigung“, sagt der Honda-Pilot über Ducati, „aber das Problem war, dass ich hier beim Bremsen und am Kurveneingang nicht so stark war wie in anderen Rennen. Aus irgendeinen Grund fehlte das Gefühl. Das war schon am Freitag im Nassen der Fall. Letzten Endes bin auch ich nur ein Mensch. Im Kampf um die WM fühlt sich da ein kleiner Wackler wie ein großer Sturz an.“
Mit mehr Risiko wäre er vielleicht an diesem Sonntag Weltmeister geworden, mutmaßt Marquez. Aber genauso gut hätte ihm dann ein Sturz viele Punkte kosten können. „Deshalb ist es besser, einen Schritt nach dem anderen zu machen“, so der Spanier. Diese Herangehensweise will er sich für das Finale in Valencia bewahren. An diese Strecke hat er deutlich bessere Erinnerungen als an Sepang. Immerhin stand er hier viermal in Folge auf dem Podium.
Ducati-Teamorder für Marquez „völlig normal“
Der 24-Jährige gibt zu: „Natürlich spüre ich den Druck, aber den habe ich schon während der kompletten zweiten Saisonhälfte. Was mir ein gutes Gefühl gibt, ist die Tatsache, dass ich nach einem schwierigen Wochenende wie hier dennoch als Vierter ins Ziel gekommen bin. Das ist wichtig für die Weltmeisterschaft. Valencia ist eine Strecke, die ich mag. Sie hat viele Linkskurven, und da bin ich normalerweise schnell.“
Dass es deshalb einfach wird, glaubt Marquez aber keineswegs. „Ich will kein extra Selbstvertrauen aufbauen, sondern einfach so sein wie bisher. Die Mentalität bleibt dieselbe, nämlich vom ersten Freien Training an zu pushen“, sagt der Spanier. „Ich bin zwar 21 Punkte im Vorteil, aber ich will nicht zu viel darüber nachdenken. Für mich gilt, mit dem gleichen Gefühl und der gleichen Art ins Rennwochenende zu gehen wie zuvor.“
Dafür, dass Ducati in Malaysia alles daran setzte, den Rückstand auf Marquez so gering wie möglich zu halten, zeigt der Weltmeister Verständnis. Stichwort: Teamorder. „Aus meiner Sicht ist das völlig normal. Wenn du ein professioneller Fahrer mit Erfahrung bist, dann verstehst du, dass dein Teamkollege um die WM kämpft und du selbst nur für dieses Rennen. Ich bin mit den, was sie tun, voll und ganz einverstanden“, erklärt Marquez.
Dovizioso: „Marc ist ein unglaubliches Jahr gefahren“
Lorenzo war mit Hilfe einer Dashboard-Nachricht während des Rennens ein Code übermittelt, wer ihm mutmaßlicherweise signalisieren sollte, Dovizioso passieren zu lassen. Der Ducati-Pilot betonte danach, nichts davon mitbekommen zu haben. Ein Beinahe-Crash und fehlender Grip seien der Grund dafür gewesen, dass Dovizioso fünf Runden vor dem Rennende vorbeigehen konnte. Dieser hofft in Valencia darauf, die WM doch noch drehen zu können.
„Uns fehlen viele Punkte und Marc wird in Valencia bestimmt stark sein“, blickt der WM-Zweite voraus, der wie Marquez nun auf sechs Saisonsiege kommt. Für das Saisonfinale am 12. November gibt er sich kämpferisch: „Wir können nur eines machen: An das Rennen gleich herangehen, wie wir es auch hier gemacht haben. Wir müssen schnell sein und versuchen, das Rennen zu gewinnen. Was Marc machen wird, liegt in seinen Händen.“
Der WM-Leader müsste bei einem erneuten Triumph von Dovizioso mindestens Elfter werden, um ein Pünktchen Vorsprung zu retten. Egal, wie es ausgeht, „Dovi“ lobt seinen Kontrahenten schon jetzt: „Was Marc in dieser Saison gemacht hat, das ist einfach unglaublich. Wenn wir keine besseren Ergebnisse einfahren konnten, bedeutet das, dass wir nicht besser waren. Wenn Marc den Titel gewinnt, heißt das, dass er der Beste war in dieser Meisterschaft.“
Text von Juliane Ziegengeist & Scherazade Mulia Saraswati
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