Jorge Lorenzo - © Michelin

© Michelin – Lorenzo feiert in Sepang hinter Dovizioso sein bestes Saisonergebnis

Es war die rennentscheidende Szene beim Großen Preis von Malaysia: Jorge Lorenzo unterläuft fünf Runden vor Rennende in Kurve 15 ein Fehler.

Der Ducati-Pilot verliert in Führung liegend die Kontrolle über seine Maschine, kann einen Sturz aber abfangen. Dennoch verschafft der Schreckmoment seinem Verfolger und Teamkollegen Andrea Dovizioso die Chance, vorbeizugehen und die Führung zu übernehmen.

Diese sollte Dovizioso nicht mehr abgeben – auch weil Lorenzo von einem Gegenangriff absah. „Als ich auf der Bremse an ihn herankam, versuchte ich, nichts Verrücktes zu machen, denn das Vorderrad war ohnehin schon am Limit. Es hätte leicht zum Sturz kommen können. Ich musste daher ruhig bleiben“, erklärt er seine Zurückhaltung. „Andrea fuhr sehr gut und konnte eine kleine Lücke aufmachen. Es war schwierig, an ihm dranzubleiben.“

Letztlich trennten die beiden beim Zieleinlauf 0,743 Sekunden. Der Verdacht liegt nahe, dass Lorenzo auf die Gelegenheit, seinen ersten MotoGP-Sieg mit Ducati zu feiern, zugunsten der WM-Chance von Dovizioso verzichtete. Denn wäre dieser Zweiter geworden, hätte Marc Marquez‘ vierter Platz für den vorzeitigen Titelgewinn gereicht. So aber bleibt die WM mit 21 Punkten Vorsprung für Marquez bis zum MotoGP-Saisonfinale in Valencia offen.

Dall’Igna bestätigt: Haben ein Zeichen gegeben
Genau darauf hatte Ducati das ganze Wochenende über hingearbeitet und sich auf den Fall, dass Lorenzo im Rennen vor Dovizioso führen sollte, wohlweislich vorbereitet. Denn als es soweit war, erhielt Lorenzo die Dashboard-Nachricht „Suggest Mapping 8“. Auch über die Boxentafel wurde entsprechend kommuniziert. Was genau hinter diesem Code steckt, lässt sich von außen nur erahnen. Genaueres will das Team nicht verraten.

Ducati-Rennchef Gigi Dall’Igna bestätigte im italienischen Fernsehen nur, dass es sich tatsächlich um einen Code handele. Das Wort Teamorder nahm er dabei nicht in den Mund, sagte aber: „In bestimmten Situationen muss man an das Team denken. Da müssen gewisse Entscheidungen getroffen werden, so schmerzvoll sie auch sind. Aus meiner Sicht waren beide Piloten heute extrem clever, um diesen Doppelerfolg für Ducati einzufahren.“

Einen speziellen Dank richtete Dall’Igna an Lorenzo, „der sicherlich seinen Teil dazu beigetragen hat“. Lorenzo selbst beschwichtigte indes, von der besagten Teamanweisung im Rennen nichts bemerkt zu haben: „Ich habe versucht, meine Konzentration im Nassen zu behalten und keine Nachricht gesehen. Ich würde sagen, wenn es anders wäre. Aber ich habe nichts gesehen, nur im Parc ferme sagten sie mir, dass es eine Nachricht gegeben hätte.“

Dovizioso: „Es war wirklich am Limit“
Diese war aus seiner Sicht aber gar nicht nötig. „Niemand muss mir sagen, was ich in dieser Situation zu tun habe“, betont der Ducati-Pilot. „Ich wusste, dass der Weltmeistertitel wichtig war, falls Marquez stürzt. Ich wusste, dass er Vierter oder Fünfter war. Offensichtlich wollte ich gewinnen und versuchte, bis zum Schluss zu pushen. Aber das Vorderrad war am Limit. Um an Dovi dranzubleiben, hätte ich auf der Bremse zu viel Risiko gehen müssen.“

Ähnlich äußerte sich Dovizioso: „Es war wirklich am Limit. Wir hatten beide Probleme mit dem Vorderreifen. Der Grip war niedrig. Wollte man pushen, gab es nur wenig Spielraum. Er ist Dreiviertel des Rennens sehr souverän gefahren. Dann sah ich, dass er begann, Fehler zu machen, weil der Grip weiter nachließ. Er war an einigen Stellen schneller, ich an anderen. Ich denke, unter anderen Bedingungen hätte er mehr kämpfen können.“

Doch nachdem es auf der letzten Runden noch einmal zu regnen begann, nahmen sich beide zurück. „Er wurde etwas langsamer, aber hätte ich da noch etwas versucht, wäre ich mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit gestürzt“, glaubt Lorenzo. Also gab er sich mit Rang zwei zufrieden, was seiner besten Saisonplatzierung mit Ducati entspricht. Bis dato wurde der Spanier zweimal Dritter: in Jerez und in Aragon. Beide Male sammelte er Führungsrunden.

Lorenzo sieht Entwicklung bei Ducati positiv
Sieben weitere kamen in Malaysia dazu. Dabei wurde es für Lorenzo schon am Start eng: „Marc war in der ersten Kurve sehr aggressiv. Ich musste mein Motorrad aufrichten, um einen Sturz zu verhindern“, erzählt er. „Dann war ich stark auf der Bremse und überholte in Kurve vier zwei Fahrer. Ich folgte (Johann) Zarco, denn ich wusste, dass sein weicher Hinterreifen irgendwann abbauen würde. Und genau so kam es. Danach fuhr ich konstante Rundenzeiten.“

Einzig ein zunehmend schwimmender Vorderreifen und der Fehler in Kurve 15 hinderten Lorenzo an seinem ersten Saisonsieg. Dennoch zeigt seine Formkurve nach dem Rückschlag auf Phillip Island wieder nach oben. „Dovi hat mit seinen sechs Siegen gezeigt, dass diese Motorrad gewinnen kann“, lobt der 30-Jährige seine Desmosedici GP17. „Selbst ich war nah dran, einige Rennen zu gewinnen. Hier war es knapp, in Aragon auch.“

Zwar sei man auf einigen Rennstrecken noch nicht so konkurrenzfähig wie erhofft, daran müsse man arbeiten. „Aber jedes Mal gewöhne ich mich ein Stückchen mehr an das Motorrad und nähere mich dem Ziel zu gewinnen“, beschreibt Lorenzo seine Entwicklung. „Natürlich hätte ich gerne ein Bike mit besserem Kurvenverhalten und einem sanfteren Motor. Dann wäre es leichter für mich, schnell und konstant zu sein – in allen Situationen.“

Text von Juliane Ziegengeist

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