Ist aus dem Duell um den WM-Titel 2015 endgültig ein Dreikampf geworden?
Durch seinen Sieg in Indianapolis verkürzte Marc Marquez den Rückstand auf WM-Leader Valentino Rossi auf 56 Punkte. Die Lücke ist zwar noch immer gewaltig, doch der Honda-Pilot scheint pünktlich zur zweiten Saisonhälfte wieder in Form zu sein. Fakt ist allerdings auch: Wenn Marquez den Titel noch holen möchte, dann reichen gute Ergebnisse alleine nicht aus. Der Spanier muss auch auf Patzer von Rossi und Teamkollege Jorge Lorenzo hoffen.
„Beide Yamaha-Piloten sind auf einem sehr guten Level, aber wir werden wie immer versuchen, 100 Prozent zu geben. Wir werden ein Risiko eingehen, um an ihnen dranzubleiben“, kündigt der Spanier vor dem Großen Preis von Tschechien an. „Für mich zählen nur Siege. Natürlich darf ich keine Fehler machen, weil ich sonst endgültig verloren habe“, weiß Marquez.
„Aber momentan habe ich eigentlich schon verloren, also kann ich mich auf die Siege konzentrieren. Zwischen ihnen wird es interessant werden, denn sie können sich keine Niederlagen erlauben. Es sieht so aus, dass sie einen großartigen Kampf um den Titel haben werden. Es liegen nur neun Punkte zwischen ihnen und wir sind weit weg. Wir werden ein Risiko eingehen und dann weitersehen“, so Marquez.
Mit anderen Worten: Der Spanier selbst hat ohnehin nichts mehr zu verlieren. Rossi und Lorenzo hingegen liegen so eng beieinander, dass ein Sturz dem jeweils anderen einen gewaltigen Vorteil verschaffen könnte. „Der Jetlag macht es schwierig, denn wenn man aus den USA wiederkommt, dann ist es ganz besonders morgens schwierig. Morgen früh hoffe ich also, mit genug Energie aufzuwachen“, erklärt Rossi.
Rossi will nicht taktieren
Der Italiener scheint momentan am meisten zu verlieren zu haben. Er führte die WM bisher jeweils nach allen zehn Saisonrennen an. Zuletzt in Indianapolis spielte er hinter Marquez und Lorenzo allerdings nur die dritte Geige. „In Indy hatte ich beim Qualifying große Probleme. Wir waren etwas zu weit hinten und daran müssen wir arbeiten, weil ich in Q2 immer die meisten Schwierigkeiten habe“, schildert der WM-Leader seine Probleme.
„Wir müssen versuchen, weiter vorne zu starten“, lautet daher sein Ziel für Brünn. „Wenn man mit Jorge und Marc kämpft, die ab der ersten Kurve schnell sind, dann ist es sehr schwierig, wenn man schon am Anfang etwas Zeit verliert.“ Genau das war in dieser Saison bereits häufig der Fall. In Indianapolis startete Rossi wieder einmal nur von Position acht. Auf Dauer kann er sich das im WM-Kampf nicht erlauben.
„Es ist noch ein langer Weg. Wir haben mehr als die Hälfte hinter uns, aber es sind noch immer acht Rennen“, erinnert Rossi und erklärt: „Es ist noch zu früh, um darüber nachzudenken, keine Fehler zu machen. Du musst einfach am Maximum pushen, ohne dabei Fehler zu machen.“ Taktisches Fahren kommt für ihn zum jetzigen Saisonzeitpunkt also noch nicht infrage. Dazu ist der Vorsprung auf Lorenzo ohnehin zu klein.
Lorenzo erwartet offenen Kampf
Der Spanier hat währenddessen noch einen vierten Punkten auf der Rechnung: Seinen Landsmann Dani Pedrosa. „Es wird schwierig werden, viele Siege zu holen, weil das Level der drei oder vier Piloten sehr ähnlich ist“, erklärt Lorenzo. Um den Titel kann Pedrosa in diesem Jahr zwar nicht mitkämpfen, doch der Honda-Pilot scheint immer dazu in der Lage zu sein, einem der Titelaspiranten den ein oder anderen Zähler zu klauen.
Im vergangenen Jahr konnte Pedrosa in Brünn sogar gewinnen. „Alle vier Favoriten wollen Rennen gewinnen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Wenn das nicht geht, dann wollen wir auf das Podium“, weiß Lorenzo. So hätte Pedrosa Rossi in Indianapolis um ein Haar um einige wichtige Punkte gebracht. Bis zur letzten Runde duellierten sich die beiden in Indy um den dritten Platz.
„Es ist schade, denn während des Rennens dachte ich, dass ich am Ende des Rennens sogar die Meisterschaft anführen könnte“, ärgert sich Lorenzo. „Letztendlich überholte Valentino Dani aber noch und ich wurde von Marc überholt. So holte ich nur vier Punkte auf.“ Im Gegensatz zu Marquez kann Lorenzo den Titel 2015 allerdings noch aus eigener Kraft gewinnen. Er ist nicht zwangsläufig auf Fehler von Rossi angewiesen.
Für Marquez zählen nur noch Siege
„Ehrlich gesagt will ich gar nicht darüber nachdenken, weil ich zu viele Punkte brauche“, erklärt Marquez währenddessen mit einem Lachen und ergänzt: „Ich gehe es lieber Rennen für Rennen an. Vor Indy waren es 65, jetzt sind es 56. Wir sind näher dran, aber wir wissen, dass noch immer viele Punkte zwischen mir und Valentino oder Jorge liegen. Trotzdem werden wir 100 Prozent geben und das Rennen mit der gleichen Mentalität wie in den beiden vergangenen Rennen angehen. Wir wollen vorne dabei sein und um den Sieg kämpfen.“
Wie sich Siege in Brünn anfühlen, dass wissen alle drei WM-Aspiranten. Marquez siegte 2012 und 2013 in Tschechien, Lorenzo triumphierte bereits viermal. Rossi siegte sogar bereits siebenmal, sein letzter Erfolg liegt allerdings bereits sechs Jahre zurück. „In den vergangenen Jahren waren meine Ergebnisse nicht mehr so fantastisch wie am Anfang. Es kamen neue Rivalen wie Jorge, Dani und Marc, die sehr schnell waren“, erklärt der Italiener seine Brünn-Durststrecke.
Im vergangenen Jahr war die Weltmeisterschaft in Brünn eigentlich bereits entschieden. Marquez reiste damals mit zehn Siegen in Folge und einem Vorsprung von 89 Punkten nach Tschechien. 2015 wird die WM-Entscheidung deutlich länger auf sich warten lassen. Kurioserweise ist es erneut Marquez, der an diesem Wochenende für die einzige kleine Vorentscheidung sorgen könnte. Bei einem weiteren Sturz würde er sich wohl endgültig aus dem Titelrennen verabschieden.
Text von Ruben Zimmermann
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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