Scott Redding - © Ducati

© Ducati – Scott Redding konnte 2010 Shoya Tomizawa nicht ausweichen

(Motorsport-Total.com) – Mit Jason Dupasquier, Hugo Millan und Dean Berta Vinales sind im Jahr 2021 drei Motorradrennfahrer tödlich verunglückt.

Alle drei waren Teenager. Die Muster der Unfälle ähnelten sich. Nach einem Sturz wurden sie von nachfolgenden Fahrern überfahren und tödlich verletzt.

„Die Sicherheitsausrüstung – die Helme, die Lederkombis, die Stiefel und die Handschuhe – ist so sicher, wie es nur möglich ist mit den vorhandenen Technologien, wie zum Beispiel den Airbags“, sagt Superbike-Weltmeister Jonathan Rea. „Es ist schwierig, das noch weiter zu verbessern.“

Es waren schlichtweg Situationen, die im Training und Rennen vorkommen können. Manche sagen Pech dazu. Die Unfälle haben trotzdem zu vielen Diskussionen geführt. Michel Fabrizio gibt beispielsweise der FIM die Schuld, denn es wird zu aggressiv gefahren.

Redding: Alter ist nicht das Problem
Außerdem sind die Starterfelder in den Nachwuchsklassen sehr groß. Ein weiterer viel gehörter Kritikpunkt lautet, dass die Fahrer schlichtweg zu jung für solche Rennmaschinen sind. „Das hat nichts mit dem Alter zu tun“, winkt Scott Redding ab.

„Ich bin die ersten Rennen mit fünf gefahren. Angefangen zu fahren habe ich mit vier, wenn Kinder das eigentlich nicht machen sollten. Aber sie machen es und daraus entstehen einige der besten Fahrer der Welt. Es hat nichts mit dem Alter zu tun.“

Ich glaube auch nicht, dass es mit der Sicherheit etwas zu tun hat. Das Problem ist, dass wir immer mehr tödliche Unfälle sehen, je mehr man die Sicherheit verbessert. Deshalb muss man sich meiner Meinung nach die Frage stellen, was vor zehn, 15 Jahren anders war“, meint Redding.

Der Brite fährt seit 2008 auf WM-Niveau. Mit 15 Jahren gewann Redding seinen ersten Grand Prix in der 125er-Klasse. Zu jenem Zeitpunkt war er der jüngste Sieger der Geschichte. Can Öncü war 2018 bei seinem ersten Sieg um wenige Wochen jünger.

Redding: Früher waren die Gruppen nicht so groß
Redding kennt auch die tragische Seite des Motorradrennsports. 2010 stürzte Shoya Tomizawa in Misano im Moto2-Rennen. Redding und Alex de Angelis konnten nicht mehr ausweichen. Tomizawa verstarb an seinen Verletzungen.

Es war damals das erste Jahr der Moto2 mit Einheitsmotoren. Mittlerweile fährt der Großteil des Feldes mit Kalex-Chassis. In der Moto3 sind Honda und KTM auf Augenhöhe. Die Entwicklung ist eingeschränkt. Und auch in der Supersport-300-Klasse sind die Motorräder auf einem Level.

Und das ist laut Redding das große Problem: „Alles ist so ausgeglichen, dass kein Fehler erlaubt ist. In jeder Klasse, in der sie die Drehzahlen geändert haben, haben wir tolles Racing. Aber wenn 40 15-jährige Kids mit dem gleichen Motorrad in einer Sekunde fahren, kann alles passieren.“

„Ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass es nicht schon früher passiert ist. Ich kann diese Rennen nicht sehen, weil ich richtig Angst habe. Ich habe schon erwartet, dass auf der Geraden etwas passiert. Ich kann mir das nicht ansehen, es geht viel zu eng zu.“

„Vor zehn, 15 Jahren sind ein oder zwei Fahrer vorne weggefahren, und dann folgten drei Fahrer“, denkt Redding an weit auseinander gezogene Felder. „Bei den 125ern blieben damals an einem guten Tag vielleicht fünf, sechs Fahrer beisammen – aber nicht 20.“

„Wenn man einen Zug mit 15 Fahrern hat und dem dritten, vierten, fünften passiert etwas, kann man nicht mehr reagieren. Leider ist mir das beim Tomizawa-Unfall passiert. Ich habe das erlebt und es ist ein Horror, sehr beängstigend.“

„Aber man ist in einer Positionen, in der man nichts sehen kann. Man kann nichts machen. Man kann 20 bar Bremsdruck ausüben. Das habe ich bei meinem Unfall gemacht. Es hat nichts gebracht. Es ist alles viel zu knapp beisammen.“

Redding: Enges Racing lässt keinen Raum für Fehler
„Auf der einen Seite ist das für das Racing toll, aber auf der anderen Seite schlecht für die Sicherheit, denn es gibt nur einen minimalen Spielraum für Fehler. Leute sagen: ‚Du weißt, dass es passieren kann‘. Aber das ist Bullshit!“

„Wir denken darüber nicht nach. Wenn du jedes Mal darüber nachdenkst, dass du da draußen sterben kannst, wirst du nicht hinausfahren. Die Sicherheit ist unglaublich gut, von den Airbags, den Helmen, der Lederkombis und so weiter.“

„Aber man kann nichts für jene Momente machen, wenn etwas Außergewöhnliches passiert. An diesem Punkt stehen wir. Die Motorräder sind für die kleinen Jungs vielleicht auch etwas schwer, aber die Rennen sind zu eng. Man müsste das etwas aufbrechen. Das gilt auch für die Moto3.“

In Jerez wurden die Rennen am Sonntag fortgesetzt. Die Vinales-Familie hatte sich dafür ausgesprochen. Samstagabend gab es ein Treffen mit allen Fahrern. „Ich habe bei dem Meeting gesagt, dass es leider schon früher passiert ist und wieder passieren wird“, sagt Redding.

„Es ist traurig das zu sagen, aber das ist die Realität. Es ist so schade, weil der Junge sein Leben noch gar nicht begonnen hat. Für seine Familie muss das der Horror sein. Wir sind nur weitergefahren, weil seine Familie wollte, dass wir weitermachen.“

Text von Gerald Dirnbeck, Co-Autor: Sebastian Fränzschky

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