Mit zwei Sekunden Rückstand beendete Tom Lüthi den letzten Wintertest vor seinem MotoGP-Debüt an der 23. und letzten Stelle. Sein Marc-VDS-Teamkollege Franco Morbidelli war um 0,9 Sekunden schneller.
Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass Lüthi im vergangenen November zwei Testfahrten verpasst hat und deswegen noch Aufholbedarf im Vergleich zu den anderen Rookies Morbidelli, Takaaki Nakagami hat, die ebenfalls das gleiche Honda-Material zur Verfügung haben.
„Bei Tom sehen wir konstante Steigerungen, auch wenn das seine Platzierung im Klassement nicht zeigt“, betont Marc-VDS-Teamchef Michael Bartholemy. Am Donnerstag fuhr Lüthi 1:57.292 Minuten und am Freitag lautete seine persönliche Bestzeit 1:56.295. Schließlich feilte der 31-Jährige am Samstag noch eine Zehntelsekunde ab und wurde mit 1:56.122 Minuten gestoppt. „Seine Rundenzeiten sind ähnlich wie unsere Rennzeiten vom Vorjahr“, vergleicht Bartholemy. „Der Unterschied ist nicht groß, aber alle anderen werden schneller. So ist Racing.“
Lüthi arbeitet in jedem Run an seinem Fahrstil, dem Set-up und an seiner Umstellung auf die Königsklasse. Ist der Schritt in die MotoGP wie erwartet? „Schwierig zu sagen, was man erwarten kann“, meint der Eidgenosse. „Es ist bestimmt ein großer Schritt. Es ist eine andere Welt, ein anderes Bike und man muss so viele Dinge lernen. Vor allem für mich, weil ich seit 2010 Moto2 gefahren bin. Ich weiß, wie man ein Moto2-Motorrad schnell fahren muss, aber die MotoGP ist ganz anders. Man muss andere Dinge tun und komplett anders denken. Das muss ich lernen.“
Man muss viel vorausschauender fahren
Obwohl er schon 2016 Testfahrten für KTM absolviert hat, muss sich Lüthi nun auf einem ausgereiften Motorrad gegen die Weltelite beweisen. Es ist der erwartet große Umstieg. Das Gefühl für den Vorderreifen ist zum Beispiel noch nicht ideal. „Es wird besser und besser. Mein Gefühl wird besser, aber ich bin noch weit davon entfernt, dem Vorderreifen so zu vertrauen, damit ich das Bike so wie in der Moto2 in die Kurve werfen kann“, schildert Lüthi. „Ich brauche noch mehr Runden.“
Die anderen beiden Honda-Rookies meinten, dass sie am Kurvenausgang Mühe haben. Lüthi sieht es ähnlich: „Wenn der Kurveneingang nicht stimmt, ist auch der Ausgang schlecht. Deshalb muss man mit einem MotoGP-Bike weiter vorausdenken. Wenn du den Eingang nicht gut vorbereitest, dann wird auch der Ausgang nicht gut sein. Ich habe auch mit Franco gesprochen, denn für uns ist es nicht leicht, den weichen Reifen zu nutzen. Die anderen nehmen diesen Reifen und fahren um eine halbe Sekunde schneller. Für uns ist es noch schwierig, den zusätzlichen Grip zu nutzen. Ich schaffe das noch nicht, aber mit der Zeit werde ich es lernen.“
Ein wesentlicher Unterschied zur Moto2 ist die Elektronik. In der mittleren Klasse gibt es praktisch keine. Das wird sich erst mit dem Wechsel auf Triumph-Motoren ändern. In der MotoGP ist die Elektronik weit fortgeschritten. Der Fahrer muss den Systemen vertrauen, wenn er schnell sein will.Unzählige Parameter können verstellt werden. Auch dieser Aspekt ist für die Rookies ein großer Teil des Lernprozesses, der nicht nur Gefühl, sondern auch viel Hirnschmalz erfordert.
Moto2 trotzdem gute Vorbereitung für MotoGP
„Wenn du da draußen bist, dann geht es nicht nur ums Fahren. Man muss ständig nachdenken und versuchen, die Dinge zu verstehen“, beschreibt Lüthi die Herausforderung mit der Elektronik. „Dieser Teil ist sehr kompliziert. Man muss viele Dinge verstehen und sogar die Elektronik vermeiden oder damit spielen. Es ist ganz anders als die Moto2. Trotzdem ist die Moto2 eine gute Klasse, um anschließend in die MotoGP zu kommen.“
Insgesamt spulte der Schweizer an den drei Tagen auf dem Losail-Circuit 161 Runden ab. Jeder Kilometer ist hilfreich. „Es ist momentan immer gleich. Wir arbeiten am Bike, versuchen es zu verstehen und vor allem mit jedem Run zu lernen. Wichtig ist, dass wir an jedem Tag der drei Testfahrten Fortschritte gemacht haben, selbst am letzten Tag in Katar. Mein Gefühl wird besser und besser. Und genau das brauche ich vor meinem ersten MotoGP-Rennen.“
Erfolgsdruck gibt es von Teamseite momentan für beide Rookies nicht, auch wenn Morbidelli bisher klar besser unterwegs war. „Ich denke“, sagt Teamchef Bartholemy, „wir werden bald bei Tom den gleichen Schritt sehen, der Franco gelungen ist. Leider haben wir bei Tom im Vorjahr Zeit verloren, weil er die beiden Tests verpasst hat. Ich bin aber zuversichtlich, dass er nach einem oder zwei Rennen auf dem gleichen Level wie Franco ist.“ Sein Fuß, den sich Lüthi im vergangenen Herbst in Malaysia verletzt hat, bereitet auf dem Motorrad keine Probleme. „Nur noch beim Gehen, aber auf dem Bike habe ich keine Schmerzen.“
Text von Gerald Dirnbeck & Oriol Puigdemont
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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