Hat Marc Marquez Jorge Lorenzo den Sieg am Sonntag in Valencia „geschenkt“? Valentino Rossi ist fest davon überzeugt, dass der Spanier seinen Landsmann in den 30 Runden bewusst nicht angegriffen und ihn so zum Weltmeister gemacht hat.
Die Fachleute sind sich in dieser Frage nicht ganz einig, TV-Experte Alex Hofmann stimmt Rossi jedoch zu. Bereits während der Live-Übertragung des Rennens auf ‚Eurosport‘ hatte Hofmann erklärt, dass Marquez eindeutig nicht am Limit fahre.
Doch warum ist sich Hofmann so sicher? „Ich lese aus dem Körper und aus dem Fahrstil viel mehr heraus, ob einer Limit ist“, erklärt er bei ‚ServusTV‘ den Unterschied zwischen sich und anderen TV-Zuschauern. „Man könnte die alle Schwarz anmalen und ich wüsste, wer das ist und ob er am Limit fährt“, so Hofmann, der seine aktive MotoGP-Karriere 2007 beendete und seit 2009 als TV-Experte arbeitet.
„Und natürlich: Ich stehe am Parc Ferme. Wenn die Jungs dort sind und nach diesem Kampf den Helm abnehmen, da habe ich über Jahre die Reaktionen gesehen“, ergänzt er in diesem Zusammenhang und erklärt: „Somit weiß ich auch, wann ein Marc Marquez ganz ehrlich lacht und sagt: ‚Heute war nicht mehr drin.‘ Das war für mich am Sonntag das ausschlaggebendste, in dieses Gesicht von Marc Marquez zu gucken.“
Marquez völlig anders als gewohnt
„Das war so ein bisschen wie bei meinem vierjährigen Sohn, der um die Ecke kommt und ich weiß genau: Der hat etwas angestellt. Es war nicht ganz ehrlich“, ist sich Hofmann sicher. Vor laufenden TV-Kameras hatte Marquez nach dem Rennen mehrfach versichert, dass er Lorenzo angegriffen hätte, wenn sich die Chance geboten hätte. Hofmann merkt jedoch an: „Er ist für mich der radikalste Rennfahrer dieser Welt.“
„Der Marc Marquez, so wie ich ihn kenne, hätte dort mehrfach attackiert“, stellt der 35-Jährige klar. Auch die Erklärung, die Honda habe Probleme mit dem Vorderreifen gehabt, will er nicht durchgehen lassen. „Es ist schon komisch, wenn diese Probleme nur in den letzten drei Rennen konstant aufkommen – und das immer nur in der Nähe von Valentino Rossi“, grübelt Hofmann.
Auf die Frage, ob er davon ausgeht, dass es am Sonntag einen Nichtangriffspakt gab, antwortet er daher ohne zu zögern: „Ja, definitiv.“ Bereits nach den Vorfällen in Malaysia hatte sich Hofmann auf die Seite von Rossi geschlagen und den Rekordchampion in Schutz genommen. Trotzdem betont er, dass er keinesfalls parteiisch sei. In diesen Situationen spreche lediglich der Sportler aus ihm.
Wie geht es jetzt weiter?
„Ich würde genauso argumentieren, wenn das Thema umgekehrt wäre, und wenn es nicht Valentino Rossi gewesen wäre, der den Kürzeren gezogen hätte. Wenn Rossi diese Aktion gegen andere gemacht hätte, würde ich auch so argumentieren“, stellt Hofmann klar und erklärt: „Es ist für mich schade zu sehen, dass toller und fairer Rennsport so aus dem Ruder gelaufen ist.“
Doch wie geht es nun weiter? Hofmann selbst würde sich wünschen, dass Rossi und Marquez bald wieder „zusammen ein Bierchen trinken“ und die ganze Sache vergessen. Die Chancen darauf stehen derzeit aber wohl sehr schlecht. Interessant ist daher die Frage, was beim Saisonauftakt 2016 in Katar passiert. „Bis dahin werden wir klare Verhältnisse haben“, ist sich Hofmann sicher.
„Entweder werden sie sich auf Teufel komm raus hassen – was ich nicht hoffe – oder wir werden sauberen Motorsport sehen, so wie wir es immer geliebt haben und es wollen“, erklärt Hofmann. Dass die Affäre auch einen positiven Nebeneffekt hat und dadurch das Interesse an der MotoGP gesteigert wurde, will Hofmann übrigens nicht abstreiten. Für ihn steht allerdings auch fest: „Das hat der Sport nicht nötig.“
Text von Ruben Zimmermann
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