Marc Marquez findet klare Worte, dass das Rennen nicht in Valencia stattfinden soll

(Motorsport-Total.com) – Das Ausmaß der schweren Unwetter-Katastrophe in Teilen Spaniens wird täglich größer. Mittlerweile haben die Behörden 95 Todesopfer gemeldet.

Alleine 92 davon sind in der Region Valencia gerstorben. Zwei Leichen wurden in der benachbarten Region Kastilien-La Mancha gefunden. In Andalusien wurde bisher ein Todesfall bestätigt.

Die Zahl der Opfer könnte weiter steigen, denn es gelten noch viele Menschen als vermisst. In der Stadt Valencia sind die Zerstörungen immens. Auf Autobahnen stapeln sich zwischen LKW viele Autos. Straßen und Häuser sind verwüstet.

„Als Spanier ist es sehr schwierig, diese Bilder zu sehen“, sagt Marc Marquez. Die MotoGP weilt derzeit in Malaysia, um an diesem Wochenende auf dem Sepang-Circuit zu fahren. Zwei Wochen darauf würde das Saisonfinale vom 15. bis 17. November in Valencia stattfinden.

„Theoretisch ist dort in knapp drei Wochen ein Rennen, aber alle Ressourcen müssen dafür verwendet werden, den Familien zu helfen, die nun obdachlos sind“, findet Marc Marquez klare Worte. An ein Rennen auf dem Circuit Ricardo Tormo glaubt er nicht.

„Wir wissen, dass der Bereich rund um die Strecke schwer beschädigt worden ist. Aber es hat keinen Sinn, das Geld für diese Reparatur zu verwenden. Die Ressourcen sollten dafür verwendet werden, den Menschen zu helfen.“

„Aus ethischer Sicht glaube ich nicht, dass ein Grand Prix in Valencia stattfinden sollte. Sinn würde es nur machen, wenn alle Einnahmen an die Familien gehen. Wenn man Geld für die Familien sammeln würde, um den Menschen zu helfen, wäre es die einzige logische Sache.“

Noch gibt es von MotoGP-Promoter Dorna keine Klarheit, ob das Rennen abgesagt wird. „Ich hätte schon entschieden“, sagt Marc Marquez. „Es müsste ein anderes Rennen geben, um die WM zu beenden. Woanders.“

WM-Finale jetzt in Sepang? Das sagen Martin und Bagnaia
Jorge Martin ist mit 17 WM-Punkten Vorsprung auf Francesco Bagnaia nach Malaysia gekommen. Wie gehen sie mit der ungewissen Situation um, ob es danach noch ein Rennwochenende gibt, oder Sepang eventuell schon die finale Entscheidung ist?

„Für die Menschen dort ist es eine sehr schwierige Situation“, fühlt Martin mit seinen Landsleuten mit. Bezüglich Kalenderplanung meint er: „Für uns wäre es am besten, wenn wir es jetzt gleich wissen würden. Dann geht man anders an das Wochenende heran.“

„Ich denke, das Valencia-Rennen wird schwierig. Die Strecke ist in Ordnung, aber aus Respekt vor den Menschen wäre es schwierig. Auch bezüglich Logistik weiß ich nicht, ob alle Tribünen geöffnet werden könnten. Deshalb finde ich, die beste Option wäre, wenn wir woanders fahren.“

Die gleiche Meinung vertritt Bagnaia: „Aus meiner Sicht ist die ethische Seite am schwierigsten. Ehrlich gesagt, wenn wir dort fahren, ist es eine Party und ein Moment, den man genießt. Wenn man die Situation dort kennt, dann wäre das nicht korrekt.“

„Wir sind immer super respektvoll gegenüber dem, was in der Welt passiert. Wir leben alle unter dem gleichen Himmel. Es würde falsch sein, dort zu fahren. Wenn ich entscheiden könnte, würde ich dort nicht fahren. Ich bin nicht derjenige, der entscheidet. Was die Dorna entscheiden wird, wird gut und fair sein.“

Hilfe in Valencia wichtiger als große Sportshow
Vor allem die vielen Spanier im MotoGP-Paddock sind von der Situation betroffen. Einige haben seit Tagen nichts von Verwandten und Freunden gehört, auch weil teilweise das Stromnetz und das Mobilfunknetz zusammengebrochen sind.

„Die Videos“, sagt Aleix Espargaro, „die man auf Social Media sieht, sind nichts. Ich habe mit Freunden gesprochen, die in einer kleinen Ortschaft in der Nähe von Valencia wohnen. Alles ist zerstört. Es gibt keine Häuser und Autos mehr.“

„Wenn das zu Hause passiert, bricht einem das das Herz.“ Auch der Aprilia-Fahrer glaubt nicht, dass das Rennen stattfinden wird: „Ich weiß es nicht, es ist eine sehr schwierige Situation. Carmelo, die Dorna und die lokalen Behörden werden die richtige Entscheidung treffen.“

„Ich glaube, es geht nicht um Einrichtungen, denn die können repariert werden. Aber es geht um die Situation. Die Krankenhäuser und die Hilfe für die Leute sind viel wichtiger, als dort eine große Sportshow zu veranstalten. Hoffentlich treffen sie die richtige Entscheidung.“

„Wenn wir Valencia etwas zurückgeben können, zum Beispiel unser Preisgeld, dann werde ich es tun. Angesichts der schwierigen Situation ist es momentan aber nicht wichtig, ob wir dort ein Rennen fahren. Wenn wir dort fahren sollten, müssen wir helfen können.“

Ist eine Alternative aus logistischer Sicht möglich?
In einem ersten Statement der Teamvereinigung IRTA am Mittwoch hieß es, dass „die lokalen Behörden und die MotoGP das Ziel haben, die Veranstaltung am geplanten Datum durchzuführen.“ Dass das Rennen tatsächlich stattfinden wird, glaubten am Donnerstag im Paddock nur wenige.

Ein Ersatztermin würde die Dorna und die IRTA vor große Herausforderungen stellen. Erstens müsste man eine Strecke finden, zweitens müsste man die komplette Logistik in kürzester Zeit umplanen. Auch die Teams müssten Reisen organisieren, Hotels buchen und so weiter.

Aus Kostengründen schickt Michelin die Reifen zu den Rennen außerhalb Europas per Containerschiff. Das benötigt eine Vorlaufzeit. Gäbe es in Asien oder im Nahen Osten einen Ersatztermin, müssten Reifen produziert und per Flugzeug transportiert werden.

„Ich glaube“, sagt Luca Marini, „es gibt viele Probleme, wenn man das letzte Rennen der Saison ändern muss. Aus meiner Sicht ist es noch am einfachsten, einen Ersatzort zu finden. Aber man muss auch mit Michelin checken, ob es Reifen gibt. Das ist alles nicht so einfach.“

Auch der Honda-Fahrer glaubt nicht an das Valencia-Rennen: „Natürlich gibt es dort jetzt andere Prioritäten. Die Situation dort ist dramatisch. Sollte es einen strengen Winter geben, wäre es sicherlich für alle schwierig. Die MotoGP ist jetzt sekundär.“

„Dorna und IRTA werden eine Entscheidung treffen. Ich finde nicht, dass es momentan richtig wäre, dort ein Rennen zu fahren. Wir haben das in der Emilia-Romagna selbst hautnah miterlebt. Ich kenne so eine Situation. Das ist für alle Menschen, die dort wohnen, super dramatisch.“

Dreitägige Staatstrauer in Spanien
Vor allem aus moralischen Gründen sprechen sich die Fahrer gegen das Valencia-Rennen aus. „Es ist jetzt nicht der Zeitpunkt“, sagt Alex Marquez, „um daran zu denken, ob dort ein Rennen stattfindet. Die Situation ist sehr schwierig, für die Spanier ist es nicht einfach.“

„Man sollte sich jetzt nicht darauf konzentrieren, dass bei der Strecke alles in Ordnung ist. Wichtiger sind die Menschen, die jetzt kein Zuhause mehr haben oder Familienmitglieder verloren haben. Zu denken, dass wir in eineinhalb Wochen dort sind, um einen Grand Prix zu fahren, ist schwierig. Wir müssen realistisch sein und wir müssen menschlich sein.“

Die Zentralregierung in Madrid hat unter Ministerpräsident Pedro Sanchez eine dreitägige Staatstrauer ab Donnerstag ausgerufen. Es wurde den Betroffenen rasche Hilfe zugesagt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Spanien ebenfalls Hilfe angeboten.

Text von G.Dirnbeck, Co-Autoren: G. Garcia Casanova, L.D’Adderio

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