22 Tage nach seinem Enduro-Unfall, bei dem sich Valentino Rossi das rechte Schien- und Wadenbein brach, wird der MotoGP-Pilot morgen im ersten Freien Training zum Großen Preis von Aragon wieder auf seine Yamaha M1 steigen.
Der Streckenarzt erklärte Rossi an diesem Donnerstag für fit und gab damit grünes Licht für das Blitz-Comeback des Italieners, der bisher nur das Rennen in Misano vor zwei Wochen verpasste.
„Ich war recht zuversichtlich, was den medizinischen Check angeht“, verriet Rossi in der Pressekonferenz, deren Aufmerksamkeit vor allem ihm und seiner Verletzung galt. Er sei bereits in der Lage, ohne Krücke zu gehen. „Wie sehr du das Bein belasten kannst, ist sehr wichtig. Und ich kann es schon ziemlich gut belasten. Auch die Bewegung in Knie und Knöchel funktioniert. Es wurde alles getestet und ging reibungslos.“
Dass der Heilungsprozess sich dieses Mal deutlich schneller gestaltet als bei seinem Beinbruch im Jahr 2010, schreibt der Italiener vor allem der Art seiner Verletzung und seiner exzellenten Versorgung zu: „Es ist jedes Mal anders. Es hängt vor allem von der Fraktur ab. Zudem hatte ich einen sehr guten Doktor und die Operation verlief gut.“ Im Vergleich zu 2010 habe auch die Medizin Fortschritte gemacht, von denen er nun profitiere.
Das bereitet Valentino Rossi noch Probleme
„Ich erinnere mich, dass es mir damals nach der Operation fünf oder sechs Tage wirklich sehr, sehr schlecht ging. Dieses Mal konnte ich schon am nächsten Tag wieder nach Hause“, betont Rossi. Insgesamt habe er viel weniger Schmerzen als vor sieben Jahren. Zwar sei die erste Woche nicht leicht gewesen, „aber nach den ersten zehn Tagen ging es mir von Tag zu Tag so viel besser, dass ich begann, an Aragon zu denken.“
Hatte der „Doktor“ selbst zunächst mit einem Comeback in Motegi gerechnet, ließ sein Zustand ihn schon bald auf eine frühere Rückkehr hoffen. Um auszuloten, wie belastbar sein Bein bereits ist, absolvierte er zu Beginn der Woche einige private Testrunden auf einer Yamaha R1 in Misano. „Ich hatte ein paar Schmerzen, war aber in der Lage zu fahren“, konstatiert Rossi. Vor allem beim Richtungswechsel und in Rechtskurven habe er noch Probleme.
Doch mit jedem Tag könne er eine Verbesserung feststellen: „Ich hoffe, dass sich das Bein während des Wochenendes noch weiter verbessert, wenn ich mehr Kilometer mit dem Motorrad zurücklege und mich wieder wohler fühle.“ Zwar sei er natürlich noch nicht so schnell wie sonst, doch er arbeite daran, seinem üblichen Leistungsniveau so nah wie möglich zu kommen. Eine Prognose für den Großen Preis von Aragon will er nicht abgeben.
Massimo Meregalli warnt: „M1 ist anspruchsvoller“
Bei seinem Comeback-Rennen 2010 schaffte er es auf Rang vier. Rossi erinnert sich: „Beim letzten Mal war es eine große Überraschung. Ich verlor das Podium in der Schlussrunde gegen (Casey) Stoner, aber es war dennoch überraschend. Jetzt ist das schwer zu sagen. Das Level ist extrem hoch und ich kenne mein Level noch nicht. Das muss ich morgen verstehen lernen.“ Dann wird er erstmals wieder mit seiner M1 auf die Strecke gehen.
Yamaha-Teammanager Massimo Meregalli warnt: „Es ist ein großer Unterschied, eine R1 in einem Freien Training zu fahren oder die M1 an einem Rennwochenende. Sie ist anspruchsvoller. Wir müssen von Session zu Session denken.“ Und auch Rossi unterstreicht, dass es zunächst darauf ankomme, sich von Tag zu Tag zu steigern, das Gefühl mit Bike und Bein zu verbessern. Ziel sei es dann, dass Rennen antreten und zu Ende fahren zu können.
Wenn dabei ein paar WM-Punkte herausspringen, umso besser. Doch der Grund für sein frühes Comeback sei der Kampf um die Weltmeisterschaft nicht, beschwichtigt der Yamaha-Star, aktuell WM-Vierter mit 42 Zählern Rückstand. „Nein, es ist nicht für die WM. Es ist zwar alles offen, aber vor allem für die ersten Drei“, urteilt Rossi. „Ich komme nicht deswegen zurück, sondern weil ich so schnell wie möglich wieder in Form sein will.“
Yamaha schreibt WM-Titel für Rossi noch nicht ab
Und sich mit seinem MotoGP-Bike dem Wettkampf am Rennwochenende zu stellen, sei der beste Weg dahin. Nach Misano einen weiteren Grand Prix zu verpassen, wollte der 38-Jährige unbedingt vermeiden, insbesondere weil bis Motegi drei Wochen pausiert wird. Rossi erklärt: „Dieses Rennen ist sehr wichtig, um sich auf den Rest der Saison vorzubereiten und mit dem Bein so früh wie möglich wieder ein gutes Level zu erreichen.“
Ähnlich argumentiert Yamaha-Teammanager Meregalli. „Aus meiner Sicht ist es gut, jetzt wieder einzusteigen. Denn wenn du in der MotoGP zwei Rennen verpasst, fällt es dir schwerer, wieder in den Rhythmus zu kommen und den Speed zu finden. Deshalb ist es die richtige Entscheidung. Die Verletzung heilt schnell und alle Ärzte haben grünes Licht gegeben. Das Wichtigste ist, dass es ihm damit gut geht“, sagt er.
Das ist der Fall, wenn Rossi auf einem Motorrad sitzen kann, weiß Meregalli: „Seine Leidenschaft steht über allem. Sie treibt ihn an.“ Und der Wille kann ja bekanntermaßen Berge versetzen. Deshalb hat Yamaha den zehnten Titel für seinen Star längst nicht abgeschrieben. „Wir haben noch fünf Rennen zu fahren und alles kann passieren. Wenn man sich die Formel 1 ansieht, dann hätte auch niemand mit dem Crash am Wochenende gerechnet“, sagt Lin Jarvis.
„Jetzt hat Lewis (Hamilton; Anm d. R.) einen großen Vorteil. Man weiß also nie, was passiert. Es sind drei Piloten vor Valentino in der Weltmeisterschaft, da kann sich noch so viel ändern. Solange es mathematisch und körperlich möglich ist, wird er pushen. Das ist wirklich etwas Besonderes, dass er so viel Anstrengung auf sich nimmt, um wieder fahren zu können“, lobt er Rossis Kämpferherz. „Er liebt diesen Sport einfach, er ist ein Racer.“
Text von Juliane Ziegengeist
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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