Valentino RossiTrotz vielversprechender Trainings musste Valentino Rossi in Katar mit Startplatz sieben Vorlieb nehmen und hatte damit alles andere als ideale Aussichten für das Nachtrennen in der Wüste.

Mit einem guten Start und entschlossenen Manövern in Runde eins kämpfte sich der Italiener aber schnell nach vorn. Doch Anfang der zweiten Runde verlor er viel Zeit und einige Positionen, als er sich am Ende der Geraden verschätzte und eine Kollision mit Dani Pedrosa geradeso vermeiden konnte.

Davon ließ sich der Yamaha-Pilot aber nicht entmutigen. Nach einer sehenswerten Aufholjagd erkämpfte sich der „Doktor“ Platz zwei beim Yamaha-Comeback-Rennen. „Ich bin so froh. Es war mein Ziel, beim ersten Rennen auf dem Podium zu stehen“, erklärt Rossi erleichtert. „Am Morgen erkannte ich im Warmup, dass mein Tempo gut ist. Ich wusste, dass ich nach einem guten Start etwas riskieren musste, um die vor mir fahrenden langsameren Motorräder zu überholen.“

Der neunmalige Weltmeister ging das Risiko ein und musste einen recht hohen Preis zahlen. „Beim Überholvorgang von Dovizioso war ich etwas zu schnell und berührte Pedrosa. Ich musste eine weite Linie wählen“, schildert er. „Ich traf ihn mit meinem Bremshebelschutz, der mich rettete. Wenn ich ihn mit dem Bremshebel berührt hätte, wäre ich sicher gestürzt“, betont der Yamaha-Werkspilot.

Bremshebelschutz rettet Rossi

Der Bremshebelschutz an der M1 des Routiniers war nach dem Zwischenfall verbogen, bremste ihn bei seiner Aufholjagd aber nicht ein. Die Entstehung möchte sich Rossi aber noch einmal in Ruhe ansehen. „Ich war zwar schnell, aber so schnell nun auch wieder nicht. Es sah so aus, als ob Dani zu zeitig bremste, um die Line zu treffen. Ich dachte mir: ‚Mist! Mist! Mist!‘. Ich hatte sehr viel Glück und war für die kommenden zwei oder drei Runden etwas verängstigt.“

„Von diesem Moment an war mein Rennen ziemlich schwierig“, blickt der ehemalige Ducati-Pilot zurück. „Es war schwierig, Bradl zu überholen. Ich habe viel Zeit verloren. Ich sah, wie mein Podestplatz in die Ferne rückte. Doch als ich eine freie Strecke hatte, konnte ich ein richtig gutes Tempo fahren. Nachdem ich an Bradl vorbeikam, musste ich erst einmal zwei Runden lang ausloten, wie schnell ich fahren kann. Anfangs dachte ich, dass die Gruppe zu weit weg ist. Doch danach konnte ich 1:55er-Zeiten fahren.“

Zweikampfstark wie zu besten Zeiten

„Wenn man jemand vor sich sieht, dann gibt man immer ein bisschen mehr. Nach einigen Runden erkannte ich, dass ich es schaffen kann. Ich hielt die Konzentration aufrecht und bewahrte mir ein bisschen Kraft für den finalen Kampf“, berichtet Rossi, der in Katar erneut bewies, dass er im Rennen stärker ist als im Training. Doch was wäre ohne den Fehler in Runde zwei möglich gewesen? Der Sieg? „Ohne den Fehler wäre ich sicher auch nur Zweiter geworden, hätte aber sicher weniger Rückstand gehabt. Es wäre etwas einfacher geworden, doch der Sieg war nicht drin“, gibt Rossi zu.

„Ich genoss das Fahren sehr“, hält der Yamaha-Rückkehrer fest, der sich auf der M1 sichtlich wohl fühlte. „Schritt für Schritt kam ich näher heran. Am Ende hatten wir zu dritt, besonders mit Marc, einen tollen Kampf. Ich freue mich sehr für Yamaha und Jorge. Die ersten beiden Plätze beim ersten Rennen sind fantastisch. Ich danke für eine weitere Chance in diesem tollen Team. Ich denke, wir können diese Saison genießen.“

„Nach dem letzten Rennen der vergangenen Saison hatte ich das Ziel, beim Saisonauftakt in Katar auf dem Podium zu stehen. Deswegen bin ich so glücklich. Ich habe alles gegeben. Leider fehlte mir gestern etwas das Vertrauen zum Motorrad. Deswegen musste ich aus der dritten Reihe starten. Doch am Morgen fühlte sich das Motorrad gut an und ich hatte ein gutes Tempo“, freut sich Rossi, der sich über Platz zwei freute wie über einen Sieg. „Sicher ist der Sieg das Maximum, doch dieser zweite Platz ist nahezu perfekt.“

Kann Rossi seinem Teamkollegen gefährlich werden?
Wie Lorenzo und die Honda-Piloten ging auch Rossi mit der weichen Mischung ins Rennen. „Ich habe den harten Reifen probiert, weil jeder in der vergangenen Saison den harten gewählt hat. Doch aus irgendeinem Grund war es in diesem Jahr nicht so. Der weiche Reifen war auch am Ende okay“, schildert er. Besonders im letzten Drittel des Rennens wirkte Rossi extrem stark und fuhr immer wieder die schnellste Runde des Rennens.

Doch kann Rossi in diesem Jahr seinen Teamkollegen noch einmal herausfordern? „An diesem Wochenende war es nicht möglich, Lorenzo zu schlagen, weil er perfekt fuhr“, gesteht Rossi ehrlich. „Es lag nicht nur an seinem Tempo. Es lag nicht nur an der Pole-Position. Es hatte etwas Unmenschliches. Ich weiß nicht, was man machen könnte. Man könnte ihn mit einem Auto in den Park entführen oder ihm etwas Falsches zu essen geben (lacht; Anm. d. Red.). Er hat eine unglaubliche Konzentration.“
Etwas einfacher dürften sich die kommenden Rennen gestalten, wenn Rossi im Qualifying stärkere Leistungen abrufen kann. „Ich muss so weit vorne wie möglich starten. Wenn ich aus der dritten Reihe starte, dann ist es vorbei“, weiß auch der Italiener. „Ich muss mich beim neuen Training noch steigern. In meinem Alter benötigt man mehr Zeit, wenn sich etwas ändert.“

Was ist in Austin möglich?

In Austin dürfte es der Altmeister etwas schwerer haben. Bei den Wintertests konnten die Yamaha-Piloten nicht die Zeiten fahren wie ihre Gegner auf den Hondas. „Ich erwarte nicht den Vorteil, den wir mit der Yamaha hier gegenüber Honda hatten. Es wird härter. Wir sollten aber im Vergleich zum Test konkurrenzfähiger sein, weil wir ein besseres Setup gefunden haben“, hofft er. „Doch unsere Gegner sind dort sehr stark. Es wird ein schwieriges Rennen.“

„Mein Ziel ist es, ein weiteres Mal das Podium anzustreben. Danach geht es nach Europa. Dort wartet eine ziemlich gute Strecke auf mich und die Yamaha“, blickt Rossi voraus. „Die alten Strecken, auf denen ich aufwuchs und lernte, sind für mich in der Regel besser.“ Die Genugtuung ist für Rossi nach dem tollen Einstand groß. Dennoch vergleicht er den zweiten Platz nicht mit Siegen.

„Siege sind immer etwas anderes als zweite Plätze“, betont er und unterstreicht, dass sein Sieg beim ersten Rennen mit der Yamaha vor neun Jahren nicht mit dem ersten Rennen der Saison 2013 zu vergleichen ist. „Welkom war spezieller. Doch jetzt sind meine Gegner unglaublich. Das Niveau ist sehr hoch. Die Rückkehr aufs Podest und der zweite Platz sind nicht so intensiv wie Welkom, aber dennoch sehr emotional.“

Lob für Marquez und Dovizioso

Lob hat Rossi für die Leistung von Rookie Marc Marquez übrig, der bei seinem Debüt Teamkollege und WM-Mitfavorit Dani Pedrosa hinter sich ließ, auf das Podium fuhr und die schnellste Runde drehte. „Ich muss ihn in der ersten Saisonhälfte so oft wie möglich schlagen, weil es in der zweiten schwieriger wird“, scherzt der Yamaha-Pilot, der sich in Katar knapp durchsetzen konnte.

Ebenfalls positiv fiel dem ehemaligen Ducati-Werkspilot die Leistung seines Nachfolgers auf. „Dovizioso war zu Beginn stark. Er hat über das Wochenende sehr gute Arbeit geleistet“, bemerkt Rossi ehrlich. Im Qualifying setzte sich Andrea Dovizioso klar gegen Landsmann Rossi durch, obwohl die Desmosedici GP13 mit dem Vorjahres-Motorrad nahezu identisch ist. „Ich muss ihm und Ducati gratulieren.“

Text von Sebastian Fränzschky

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