Am Ende hatte aber immer Marquez die Nase vorne. Lediglich in Tschechien passte die Abstimmung nicht, aber in Silverstone holte sich der Spanier seinen elften Saisonsieg. Dann passierte ihm in Misano bei der Jagd nach Rossi ein mittlerweile seltener Fehler. Dazu kam der taktische Fehlpoker beim „Flag-to-Flag“-Rennen in Aragon, wo Marquez unbedingt für seine Fans gewinnen wollte.
Nun machte er in Motegi mit dem zweiten Platz alles klar. Dabei setze sich Marquez im Duell gegen Rossi durch. „Seine Saison war fast perfekt“, findet Lorenzo lobende Worte. „Die Fehler in Misano und Aragon haben eine komplett perfekte Saison verhindert, aber auf allen anderen Strecken ist er immer auf einem sehr hohen Niveau und sehr aggressiv gefahren.“
Auch Rossi, der über viele Jahre lang das Maß aller Dinge im Motorradrennsport war, ist von Marquez Leistung beeindruckt. „Er verdient den Titel. Man muss ihm gratulieren, denn er hat viele Rennen bei den unterschiedlichsten Bedingungen gewonnen“, sagt der siebenfache MotoGP-Champion. „Er macht keine Fehler und hat sein Level im Vergleich zum vergangenen Jahr noch einmal angehoben.“
In der jüngeren Vergangenheit war vor allem Lorenzo der konstanteste Fahrer. Als der Spanier im Jahr 2012 zum zweiten Mal Weltmeister wurde, fuhr er mit Ausnahme von zwei Rennen immer auf das Podest. In Assen wurde Lorenzo damals von Alvaro Bautista aus dem Rennen geschossen, und beim Saisonfinale in Valencia stürzte er. Der Titel war damals aber schon vorzeitig entschieden. Lorenzo gewann 2012 trotz seiner Konstanz allerdings „nur“ sechs Rennen.
Marquez und Lorenzo unterschiedliche Charaktere
Marquez hat also auch bezüglich der Konstanz die Messlatte nach oben gelegt. „Gleichzeitig war er aber auch sehr konstant und hatte nicht mehr so viele Stürze wie in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres“, betont Lorenzo eine weitere Stärke des alten und neuen Weltmeisters. „Letztes Jahr hat er den Titel als Rookie gewonnen, das hatte es vorher nie gegeben. Vielleicht hat er damals aber auch etwas von meiner und Danis Verletzung profitiert. Dieses Jahr war er insgesamt mit einem großen Abstand der Beste. Er hat den Titel total verdient.“
Nun sind Lorenzo und Marquez zweimalige MotoGP-Weltmeister. Dazu kommt in der Geschichte noch der WM-Titel von Alex Criville aus dem Jahr 1999. Obwohl Spanien derzeit das Geschehen dominiert, stellte die iberische Halbinsel erst drei Weltmeister in der Königsklasse. Marquez und Lorenzo sind auf und neben der Strecke zwei unterschiedliche Charaktere. „Unsere Stile sind komplett verschieden“, weiß Lorenzo. „Vielleicht opfere ich am Kurveneingang etwas, um dann eine bessere Kurvengeschwindigkeit zu haben.“
„Vielleicht bin ich beim Bremsen etwas präziser als Marc, aber dafür ist er sehr effektiv, schnell und aggressiv. Im Kampf Mann gegen Mann ist er sehr stark und nur schwer zu schlagen. Außerdem haben wir unterschiedliche Motorräder. Es ist so, als würde man Kevin Schwantz mit Eddie Lawson vergleichen. Es sind einfach komplett unterschiedliche Stile. Nur die Zeit wird zeigen, wer der Bessere ist.“
Rossi: „Hoffentlich holt er nicht mehr Titel als ich“
Lorenzo hat seit der Sommerpause wieder zu seiner Form gefunden, wie vier zweite Plätze und zwei Siege zeigen. Er will Marquez im nächsten Jahr die Krone streitig machen. Dagegen konnte Rossi in diesem Jahr nur ein Rennen gewinnen, obwohl er sich generell stärker als im Vorjahr präsentiert. Rossi und Marquez verstehen sich gut und es herrscht tiefer Respekt. Rossi machen die Duelle mit seinem „Nachfolger“ Spaß. „Mich persönlich hat Marc im vergangenen Jahr mehr beeindruckt, denn den Titel in seiner ersten Saison zu gewinnen, war eine großartige Leistung.“, meint der Italiener.
„Marc ist ein Fahrer, der immer von Beginn an schnell ist. Er ist ein Naturtalent und kann alle möglichen Motorräder fahren. Am Ende des vergangenen Jahres haben sich seine Konkurrenten die Frage gestellt, wie sehr er sich noch verbessern kann. Denn normalerweise verbessern sich die guten Fahrer nach ihrer Rookie-Saison noch einmal enorm. Leider hat er das auch geschafft“, bedauert Rossi.
„Er hat allerdings nicht seinen Speed verbessert, sondern seinen Fahrstil, wie er bremst und beschleunigt, und außerdem scheint er viele Situationen nun besser unter Kontrolle zu haben, obwohl er noch immer sehr aggressiv fährt. Im vergangenen Jahr riskierte er manchmal zu viel. Wenn ich ihn mit mir vergleiche, dann hat er jetzt im gleichen Alter glaube ich schon einen Titel mehr. Ich hoffe, dass er diesen Vorteil in Zukunft wieder verliert und dass er nicht mehr Titel als ich gewinnen kann“, lacht der neunfache Weltmeister. „Aber die Chance dazu ist da, das kann passieren.“
Text von Gerald Dirnbeck
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