(Motorsport-Total.com) – Seit Valentino Rossi im November 2021 in Valencia seine aktive Karriere als Motorradrennfahrer beendet hat, ist er nur noch selten im MotoGP-Fahrerlager anzutreffen.
Das liegt einerseits daran, dass er mit seiner Karriere im Automobilrennsport beschäftigt ist. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass sich der MotoGP-Zirkus laut Rossi in eine Richtung entwickelt hat, die er selber nicht immer gut findet.
„Nach meiner Zeit ist die MotoGP-Szene wieder dahin zurückgekehrt, was sie vorher war, nämlich ein Sport für Enthusiasten“, beschreibt Rossi im Gespräch mit der italienischen Tageszeitung ‚La Stampa‘ den Wandel in dem Sport, den er über Jahrzehnte prägte.
„Aus irgendeinem Grund war es mir gelungen, den Sport auch Omas und kleinen Kindern nahe zu bringen. Warum das so war, weiß ich selber nicht so genau“, so Rossi, der vermutet: „Vielleicht war es eine Kombination aus meinen Ergebnissen und aus meinem Charakter.“
Der Italiener, dessen Karriere in der Motorrad-WM mehr als ein Vierteljahrhundert umfasste, zieht einen Vergleich zu anderen Sportarten. „In den 1990er-Jahren wurden Sportler als Legenden angesehen. Ich denke an Maradona oder an Senna. Das hat sich geändert. Die Kultur hat sich geändert. Wer ist heute der Senna? Vielleicht Hamilton, aber er ist auch nicht mehr der Jüngste“, so Rossi.
Das moderne Zeitalter im Sport, und damit nicht zuletzt in der MotoGP-Szene, beschreibt Rossi als „verschleiert politisch korrekt“. Was er er damit meint? Rivalitäten wie zu seiner eigenen Zeit – etwa mit Max Biaggi, Sete Gibernau, Casey Stoner, Jorge Lorenzo oder Marc Marquez – gibt es in dieser Form heute kaum noch.
Das ist etwas, was Rossi vermisst. „Heute sind sie alle Freunde und umarmen sich“, sagt er und fragt: „Ist das gut? Ich fand es besser als man noch gesagt hat, was man denkt. Es ist doch nur menschlich, dass du dich an denen stößt, die eine Sache genauso gut wie du oder besser als du machen. Dabei spielt es keine Rolle, ob du ein Arzt, ein Pizzabäcker oder ein Rennfahrer bist. Wenn du immer alles zurückhältst, dann fängt es an, künstlich zu werden.“
Biaggi: Rivalität mit Rossi war „großartig“ für den Sport
Rossis einstiger Erzrivale Biaggi kommentierte dieser Tage ein von MotoGP veröffentlichtes Instagram-Posting, das ihn und Rossi im Kampf um den Sieg beim Südafrika-Grand-Prix 2004 zeigt, mit den Worten: „Die Rivalität mit Valentino ist alt, aber wie ich ihn vermisse. Heute habe ich nur gute Erinnerungen, auch wenn wir uns buchstäblich hassten.“
„Ob man Valentiniano oder Biaggista war, das spielt jetzt keine Rolle. Es war wichtig, dass sich jeder Fan mit einem von uns identifiziert hat und durch uns einen einzigartigen und unglaublich spannenden Sport lieben gelernt hat. Was für eine großartige Geschichte“, so Biaggi.
Was Rossi betrifft, so scheint er das ganz große Verlangen, beim MotoGP-Geschehen immer und überall am Ball zu bleiben, heute nicht mehr zu haben. Mit seiner Karriere im GT-Rennsport, die er seit 2022 auf Vollzeitbasis betreibt, ist er gut ausgelastet. Zeit für den Besuch eines MotoGP-Rennens bleibt ihm nur noch selten.
Aus der Ferne verfolgt der neunmalige Weltmeister die Motorrad-WM natürlich weiterhin, nicht zuletzt aufgrund des Florierens der VR46-Akademie und der jüngsten Erfolge des VR46-Teams. Aber Rossi räumt ein: „Wenn ich mir die Grands Prix im Fernsehen anschaue, dann wünschte ich manchmal, dass ich dabei wäre. Dann aber denke ich mir, dass ich meinen Teil getan habe. Jetzt sind die anderen dran.“
Text von von Mario Fritzsche
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