Ex-Weltmeister Wayne Gardner hat Colin Edwards und Valentino Rossi angehalten, dass sie sich nicht die Schuld für den tödlichen Unfall von Marco Simoncelli geben sollen. Selbst wenn die letzten Sekundenbruchteile oft in ihren Köpfen ablaufen werden, konnten sie den Zusammenstoß nicht verhindern. Gardner war in seiner aktiven Karriere selbst in einen ähnlichen Unfall verwickelt. Im Jahr 1983 erwischte er Franco Uncini, der daraufhin ins Koma fiel. Glücklicherweise überlebte der Italiener und erholte sich vollständig. Heute arbeitet er als Sicherheitsdelegierter in der MotoGP.
„Da ich vor vielen, vielen Jahren in einen ähnlichen Unfall verwickelt war, weiß ich, wie sich die beiden fühlen“, scheibt Gardner auf seiner Webseite. „Es war aber nicht ihre schuld. Sie hätten nichts anderes tun können. Beide werden den Vorfall in ihren Gedanken immer und immer wieder durchgehen. Sie werden sich fragen, ob sie nach links oder rechts hätten ausweichen können, oder ob sie härter bremsen hätten sollen.“
„Es ist zwar nur ein kleines Trostpflaster, aber jetzt und auch in vielen Jahren werden sie auf den TV-Bildern sehen, dass sie absolut keine Zeit hatten, um die Kollision zu verhindern. Es war traurigerweise ein Fall, wo man zur falschen Zeit am falschen Platz war.“ Langsam machen sich auch Gedanken über die ursprüngliche Sturzursache Simoncellis breit. Solange aber nicht die Telemetriedaten seiner Honda und die Kameraaufnahmen von Alvaro Bautista, der direkt hinter Simoncelli fuhr, ausgewertet worden sind, sind es reine Spekulationen.
„Der Unfall war sehr merkwürdig und extrem“, findet Gardner. „Ich habe in all meinen Jahren im Rennsport noch nie so etwas gesehen. Der Beginn des Unfalls ist nicht ganz klar, weil er nicht im TV-Bild war. Man sieht nur, wie das Motorrad extrem nach rechts steuert, genau in den Weg von Colin und Vale. Ich denke, ihm ist das Vorderrad eingeklappt, aber plötzlich haben die Reifen irgendwie Grip bekommen und sie haben ihn komplett über die Strecke geschickt.“
Nu zwei Piloten in der Startaufstellung hatten sich für den weicheren Hinterreifen entschieden: Randy de Puniet und Simoncelli. Der Todesfall hat die Motorsport-Szene geschockt, obwohl alle Beteiligten wissen, dass die Gefahr immer mitfährt. Dennoch sind die tödlichen Stütze im vergangenen Jahrzehnt zurückgegangen, wenn man es mit den Fünfzigerjahren bis in die Achtziger vergleicht. Gardner ist in einer Ära gefahren, die aus heutiger Sicht als gefährlicher gilt.
„Viele Leute und Medien haben mich in den vergangenen zwölf Stunden gefragt, ob dieser Sport zu gefährlich ist. Die ehrliche Antwort ist: ja, zu einem gewissen Grad. Wenn die Fans und die Fernsehanstalten ehrlich sind, dann wissen sie, dass die Gefahr ein Teil des Spektakels ist. Für die Fahrer ist der Adrenalinkick am Limit auch ein Mitgrund, warum sie überhaupt fahren. Wir sprechen hier über hohe Geschwindigkeiten. Wenn etwas schief geht, können die Konsequenzen in einem Desaster enden.“
„Gleichzeitig müssen wir das aber in Perspektive bringen“, meint Gardner. „Andere Sportarten, wie Reiten, Fußball, Radfahren oder Fallschirmspringen, sind auch gefährlich. Selbst wenn man auf der Straße fährt, ist es gefährlich. In der MotoGP kennen alle Beteiligten die Risiken. Es wurden extreme Sicherheitsvorkehrungen getroffen, um die Fahrer zu schützen. Es gibt Auslaufzonen, Schutzkleidung und die medizinische Versorgung vor Ort ist auf höchstem Niveau. Das Können der Fahrer ist atemberaubend.“
„Ja, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das Schlimmste eintreten kann. Die Tragödie war so ein Fall. Mit Worten kann man diesen Verlust nicht beschreiben. Ich werde mich an Marco erinnern, so wie er war: aufregend, enthusiastisch, unterhaltsam, talentiert und ein unerschrockener Wettkämpfer. Ich glaube es ist fair zu sagen, er war ein großartiger Bursche.“
Text von Gerald Dirnbeck
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