(Motorsport-Total.com) – Titelverteidiger Francesco Bagnaia und Herausforderer Jorge Martin bestimmen die MotoGP-Saison 2024.
Einer der beiden Ducati-Fahrer wird voraussichtlich den WM-Kampf für sich entscheiden. Kritiker führen ins Feld, dass das Duell nicht so spektakulär ist wie in der Vergangenheit.
Das Duell Valentino Rossi gegen Max Biaggi polarisierte, Rossi gegen Sete Gibernau genauso wie in späteren Jahren sein Kampf gegen Casey Stoner. Dazu kamen die WM-Showdowns mit Jorge Lorenzo und Rivalitäten mit Marc Marquez.
Ist im Vergleich zur Vergangenheit das Duell Bagnaia gegen Martin „langweilig“? „Ich würde gerne zurückgehen und in den Jahren 2014, 2015 fahren, um mein wahres Level zu sehen“, sagt Martin, aber er meint auch: „Ich denke, wir sind in guter Form.“
„Ich denke nicht darüber nach, was andere Leute sagen, denn das kann ich nicht kontrollieren. Sie können sagen, was sie wollen. Wir fahren auf einem hohen Niveau. Die Motorräder sind sich so ähnlich. Dass wir den Unterschied machen, ist ziemlich verrückt.“
„Aber nicht nur wir, sondern auch Marc und Enea waren [in Motegi] weit vor dem Fünftplatzierten. In allen Sportarten werden Rekorde gebrochen, weil alles besser wird. Wir sind auch bessere Athleten. Ich denke, wir sind besser als in der Vergangenheit.“
Der Einschätzung von Martin schließt sich auch Bagnaia an. „Ich sehe es genauso, denn es ist mir egal, was die Leute denken. Ich weiß, was wir tun“, hält der zweimalige MotoGP-Weltmeister fest. „Wir sind besser als der Rest.“
„Man muss aber bedenken, dass die Leute auch mit der Vergangenheit verbunden sind. Jetzt ist es viel schwieriger, einen Unterschied zu machen. Früher ist Casey extrem gerutscht, Valentino hat super hart gebremst. Heute macht es jeder gleich.“
„Man bremst so spät wie möglich und versucht so gut wie möglich aus der Kurve zu kommen. Es ist viel schwieriger, einen Unterschied zu sehen“, findet Bagnaia. „Deshalb ist es schwieriger zu verstehen, was wir tun.“
„Was wir in Japan gemacht haben, war außergewöhnlich, wenn man sich die Rennpace ansieht. Deshalb ist es mir egal, was Leute sagen. Denn manchmal ist es so, als wenn man mit einer Wand sprechen würde. Es ist sinnlos.“
Entscheidende Phase der Weltmeisterschaft
Die WM biegt in die entscheidende Phase. Mit Australien, Thailand und Malaysia stehen drei Überseerennen unmittelbar hintereinander im Kalender. Dann geht es zum Finale nach Valencia. Martin hat zehn Punkte Vorsprung auf Bagnaia.
Bagnaia hat in dieser Saison zwar schon acht Rennen am Sonntag gewonnen, aber Martins Konstanz war insgesamt besser. „Ich glaube“, sagt Bagnaia über seinen Konkurrenten, „der größte Unterschied zum Vorjahr ist, dass er viel besser in die Saison gestartet ist.“
„Von den Punkten her hat er die WM praktisch immer angeführt. Er war konstanter als ich, aber ich hatte auch Pech mit Kontakten oder Problemen beim Motorrad. Er weiß, dass er gewinnen kann. Das macht den größten Unterschied.“
„Das habe ich gespürt, als ich mein erstes MotoGP-Rennen gewonnen habe und zum ersten Mal um die WM gekämpft habe. Aber mental versteht man das erst, wenn man zur entscheidenden Phase kommt.“
„Ich dachte im Vorjahr, dass ich besser als im Jahr davor bereit dafür bin, als ich noch sehr nervös war. Ich dachte, ich würde die Situation besser kontrollieren. In Valencia fühlte ich mich etwas besser, aber mental war es gleich, denn man spürt den Druck.“
„Man muss gegen diesen Druck ankämpfen“, weiß Bagnaia aus Erfahrung. Druck, den er in den vergangenen beiden Jahren gemeistert hat. Deshalb sieht ihn auch Jack Miller als Favoriten für die entscheidende Phase der Saison.
„Ich setze auf ‚Pecco‘, denn er ist zweimaliger Weltmeister. Er ist unter Druck sehr gut“, meint der KTM-Fahrer. Aber es gibt unter den Fahrern auch andere Meinungen. Johann Zarco drückt seinem ehemaligen Pramac-Teamkollegen Martin die Daumen.
„Das ist ein Team, das ich liebe. Und bevor er zu einer anderen Marke wechselt, wäre das schön. Deshalb wäre es cool, wenn Jorge es schafft“, nennt Zarco seine Präferenzen für den WM-Titel. Sollte es Martin schaffen, dann würde er die Nummer 1 zu Aprilia mitnehmen.
„Ich würde auf Jorge tippen, denn er führt die WM an“, meint Pedro Acosta zu seinem WM-Favoriten. „Er hat vielleicht weniger Siege als ‚Pecco‘, aber seine Konstanz ist viel besser. Deswegen hat er einen klaren Vorteil.“
Aber der Rookie meint auch: „Ich glaube, es würde sie sehr schmerzen, falls Martin den WM-Titel zu einer anderen Marke mitnimmt. Das wäre auch so, falls ihn Enea zu KTM mitnehmen würde. Marc Marquez bleibt bei Ducati.“
Beide sind auf Phillip Island noch sieglos
Nun wartet der Klassiker auf Phillip Island. Weder Bagnaia noch Martin haben auf dieser Strecke bisher gewinnen können – in keiner Klasse. Das Wetter spielt auf der Insel unweit der Metropole Melbourne auch oft eine entscheidende Rolle.
„Für mich ist wichtig“, betont Martin im Vorfeld, „dass ich nach Valencia komme und Optionen habe. In den nächsten drei Rennen können auch noch viele Fehler passieren. Jetzt wiegen Fehler schwerer. Ein Fehler wäre ein Desaster.“
„Ich würde hier natürlich gerne gewinnen, aber die WM ist wichtiger. Daran werde ich denken. Wenn sich aber die Möglichkeit ergibt, will ich sie natürlich ergreifen.“ Denn nun zählt jeder Punkt im Sprint und im Grand Prix.
Bagnaia verfolgt die gleiche Taktik: „Wir wissen, dass die WM in Valencia zu Ende gehen wird, denn es wird sehr schwierig, das schon vorher zu erledigen. Ich versuche mein Maximum zu geben. Wenn das Platz zwei ist, muss man Zweiter werden. Aber das Potenzial für Siege ist vorhanden.“
Text von Gerald Dirnbeck
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