(Motorsport-Total.com) – Seit mehr als zehn Jahren kümmert sich die Dorna als Inhaber der kommerziellen Rechte um die MotoGP und die Superbike-WM.
Besonders viele Synergien entstanden in den zurückliegenden Jahren allerdings nicht. Beide Meisterschaften gehen ihren eigenen Weg. Dass die Superbike-WM bei der Dorna keinen besonders hohen Stellenwert genießt, spürt man in Sachen Kalender und Vermarktung deutlich.
Dabei bieten sich für die Dorna viele Möglichkeiten. Das Problem der wenigen WSBK-Überseerennen könnte vergleichsweise einfach gelöst werden, indem man die Superbike-WM bei ausgewählten Rennen außerhalb von Europa ins Rahmenprogramm der MotoGP aufnimmt.
Das hätte den positiven Nebeneffekt, dass man die Teams der Moto2 und Moto3 etwas entlastet. Denn vor allem die vielen Überseerennen im Herbst belasten die kleineren Teams stark und stellen einen großen Kostenfaktor dar.
WSBK-Sportdirektor Gregorio Lavilla nicht mächtig genug?
Wir haben bei WSBK-Sportdirektor Gregorio Lavilla nachgehakt, der bestätigt, dass die Idee von kombinierten MotoGP/WSBK-Events bereits auf dem Tisch lag. „Ich will nicht behaupten, dass es eine konkrete Möglichkeit darstellt. Doch die Idee wurde zumindest von unserer Seite sehr intensiv besprochen. Es würde sehr viel Sinn ergeben“, bemerkt der Spanier.
„Meiner Meinung nach hätte es viele Vorteile. Doch es ist nicht einfach“, erklärt Lavilla, der für die Superbike-WM eine große Chance sieht, aber auch von der Idee angetan ist, die kleinen Grand-Prix-Teams zu entlasten: „Man könnte damit gewisse Dinge optimieren und gleichzeitig gewissen Beteiligten den Druck nehmen, weil 20 Rennen oder mehr einfach zu viel ist.“
Lavilla, der sich zusammen mit den Dorna-Mitarbeitern im WSBK-Paddock für diese Idee eingesetzt hat, ist aber nicht mächtig genug, um sich Dorna-intern gegen den eingeschworenen Kern durchzusetzen.
Hinter vorgehaltener Hand hört man, dass Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta der seriennahen Meisterschaft gegenüber nach wie vor feindlich eingestellt ist. Jahrelang duellierten sich die beiden Serien um die Gunst der Hersteller, Medien, Sponsoren und Fans.
IRTA-Chef Herve Poncharal hält MotoGP/WSBK-Events für ausgeschlossen
Wir haben uns auch bei Herve Poncharal, MotoGP-Teamchef und Präsident der Teamvereinigung IRTA, zu der Idee erkundigt, gemeinsame Rennwochenenden mit der Superbike-WM zu veranstalten.
„Ich kann nicht für die Dorna sprechen. Vielleicht ändert sich mit Liberty Media etwas. Aber im Moment ist es nicht vorstellbar“, ist Poncharal überzeugt. „Carmelo hat klar gestellt, dass es bei jedem Grand Prix die drei Klassen gibt. Das Format soll bei jedem Grand Prix gleich sein. Es wird nie passieren, dass die beiden Meisterschaften vermischt werden.“
Poncharal will die besagten Vorteile nicht gelten lassen. „Warum sollte man das tun? Es gibt mit der Superbike-WM eine serienbasierte Meisterschaft und die Prototypen in der WM“, zeigt sich der Franzose wenig offen für die Idee, mit der Superbike-WM gemeinsame Sache zu machen.
„Wäre es besser, ein Superbike-Rennen anstatt eines Moto2-Rennens zu haben? Da bin ich mir nicht so sicher“, grübelt Poncharal, der ein Urgestein des MotoGP-Fahrerlagers ist.
Intact-Chef Jürgen Lingg bestätigt, dass die Teams am Limit sind
Die ständige Ausweitung des MotoGP-Kalenders hat für die Teams der Moto2 und Moto3 einen Punkt erreicht, der kritisch ist. „Es ist noch okay, aber es sollten nicht mehr werden. Es ist eine Herausforderung für uns“, kommentiert Jürgen Lingg, der Teamchef des deutschen IntactGP-Teams, auf Nachfrage von Motorsport-Total.com.
Wäre es eine Erleichterung, wenn die Superbike-WM bei einigen Grands Prix statt der Moto2 und Moto3 fährt? „Es ist schwer vorstellbar“, bemerkt Lingg. „Ich persönlich würde es begrüßen, wenn wir auch in Zukunft zusammen mit der MotoGP fahren.“
„Es wird sicher so bleiben, wie es aktuell ist. Unsere große Hoffnung ist, dass es für die Teams aus wirtschaftlicher Sicht etwas einfacher wird“, nennt Lingg einen klaren Wunsch und steckt große Hoffnung in Liberty Media, den neuen Besitzer der Dorna.
Der Kalender für die Saison 2025 steht noch nicht fest, doch Lingg hofft, dass die Anzahl der Rennen nicht weiter steigt. „Wir bekommen nicht mehr Geld von den Sponsoren, wenn es 21 oder 22 Rennen sind. Natürlich gibt es Zuschüsse von der Dorna, doch damit können wir die zusätzlichen Rennen nicht finanzieren. Somit steigen die Kosten für uns“, erklärt er.
„Für kleine Teams ist es also schwieriger, das Budget aufzubringen. Man muss also an anderer Stelle sparen“, nennt der IntactGP-Chef das Problem und verweist auf das Personal, das jetzt bereits am Limit agiert.
„Wenn man 200 Tage im Jahr im Hotel schlafen muss, dann kreiert das Probleme im Privatleben. Wenn es so weitergeht, dann wird es vielleicht irgendwann mal so wie in der NASCAR, in der es zwei Crews pro Team gibt“, kommentiert Lingg und stellt klar: „Das wollen wir natürlich nicht.“
Text von Sebastian Fränzschky, Co-Autor: Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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