Jonathan Rea liegt aktuell nur auf P14 der Fahrerwertung

(Motorsport-Total.com) – Rekord-Weltmeister Jonathan Rea befindet sich auf Kurs zu seinem schlechtesten WM-Resultat.

Seitdem der Nordire in der Saison 2009 in die Superbike-WM aufstieg, beendete er die Meisterschaft immer in den Top 10. Aktuell ist Rea WM-14. und liegt 49 Punkte hinter Yamaha-Markenkollege Remy Gardner, der WM-Zehnter ist. Es ist also absehbar, dass die WSBK-Saison 2024 der bisherige Tiefpunkt von Reas Karriere ist.

Ein fünfter Platz ist das bisher beste Saisonergebnis von Rea in einem Hauptrennen. Die Highlights der laufenden Saison waren ein dritter Platz im Donington-Sprint und die Pole in Assen, die Rea auf nasser Strecke sicherstellte.

Vom Wechsel zu Yamaha hatte sich Rea aber deutlich mehr versprochen. Und auch Yamaha ging mit einer anderen Zielsetzung in die WSBK-Saison 2024. „Wir befinden uns sicher nicht in der Position, die wir uns vor der Saison ausgerechnet haben“, gesteht Yamaha-Rennleiter Andrea Dosoli im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Total.com.

„Wir haben im Vergleich zur vergangenen Saison an Konkurrenzfähigkeit verloren, obwohl wir das Motorrad und das gesamte Paket verbessert haben“, analysiert Dosoli. „Mit Jonathan liegen wir hinter den Erwartungen zurück. Es wurde erwartet, dass er den Unterschied ausmacht.“

Vielversprechender Start und katastrophaler Absturz
Zu Beginn seiner Yamaha-Karriere sah alles danach aus, als ob Rea in diesem Jahr zu den WM-Anwärtern zählt. Beim Nachsaisontest in Jerez mischte Rea an der Spitze mit und erweckte mit seinen guten Rundenzeiten den Eindruck, dass er sich schnell an die Yamaha R1 angepasst hat.

„Wir waren mit seinen Feedbacks sehr zufrieden“, erinnert sich Dosoli an die ersten Wintertests mit Rea. „Die Realität ist, dass die R1 ein sehr einfach zu fahrendes Motorrad ist. Deshalb ist sie auch so beliebt bei Trackday-Nutzern. Das Motorrad vermittelt dem Fahrer ein sehr angenehmes Gefühl.“

„Doch es erfordert etwas Zeit, wenn es dann um die finalen Zehntelsekunden geht. Das sah man auch bei Remy Gardner. Er hat ein Jahr benötigt, um das Motorrad richtig zu verstehen“, schildert der Yamaha-Rennleiter.

Nach dem Jahreswechsel geriet Rea vom Kurs ab. Beim Saisonauftakt in Australien flog der sechsmalige Weltmeister gleich zwei Mal via Highsider ab und ramponierte damit seinen Körper und sein Selbstvertrauen.

„Jonathan hatte großes Pech, denn die schweren Stürze zu Beginn haben sich negativ auf die Anpassung an das Motorrad ausgewirkt“, erklärt Dosoli. „Man muss bedenken, dass Jonathan viele Jahre lang für einen anderen Hersteller fuhr. Nicht nur das Motorrad war anders. Auch das komplette Arbeitsumfeld war anders. Er musste seine Crew kennenlernen und die Crew musste ihn kennenlernen, um seine Bedürfnisse besser zu verstehen.“

Nach einigen schwierigen Rennwochenenden zu Saisonbeginn zeigte die Formkurve im Sommer nach oben. „Man sah bei ihm einige positive Entwicklungen. Es geht darum, ihm mehr Vertrauen auf dem Motorrad zu vermitteln“, kommentiert Dosoli.

Ein Sturz beim Rennwochenende in Magny-Cours Anfang September warf Rea erneut zurück. Er verpasste die beiden folgenden Rennen des Frankreich-Events und fiel beim darauffolgenden Wochenende in Cremona aus.

Vom langjährigen Feind zum Teammitglied: Yamaha schwärmt von Rea
Als Rea mit Kawasaki reihenweise Rennen und WM-Titel gewann, wurde er für die anderen Hersteller, Teams und Fahrer zum Maßstab. Auch Yamaha orientierte sich am Rekord-Champion, der vor allem in der Saison 2021 zu einem erbitterten Widersacher wurde.

Unvergessen sind die Szenen in Magny-Cours, als Rea und Kawasaki mit einem Protest dafür sorgten, dass Toprak Razgatlioglu einen Sieg verlor, weil er mit seinem Hinterrad leicht den grünen Bereich touchierte. Es kam zu einem wilden Schlagabtausch zwischen Yamaha und Rea.

Doch mittlerweile ist Gras über die Sache gewachsen. Dosoli schwärmt von der Zusammenarbeit mit dem langjährigen Rivalen: „Er war immer unsere Referenz. Wir haben ihn sehr genau studiert, damit wir ihn besiegen können. Jetzt, wo wir mit ihm zusammenarbeiten, verstehen wir sehr gut, warum er so erfolgreich war. Zudem ist es wirklich toll, herauszufinden, was für ein netter Mensch er ist.“

Kritiker behaupten, dass Rea seine Hochphase überschritten hat und nicht mehr motiviert ist. Was sagt Yamaha zu derartigen Kommentaren? „Seine Entscheidung (den Hersteller zu wechseln) verdeutlicht sehr gut, wie entschlossen er ist. Denn es wäre für ihn deutlich einfacher gewesen, sich weiterhin in seiner Komfortzone aufzuhalten, anstatt eine neue Herausforderung anzunehmen. Sich einer neuen Aufgabe zu stellen, zeigt, dass seine Motivation weiterhin sehr hoch ist“, kommentiert Dosoli.

Text von Sebastian Fränzschky

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