(Motorsport-Total.com) – „Es sieht so aus, als würde Marc Marquez immer besser werden, denn er fängt wieder an, sich so zu verhalten, wie gewohnt.“
Diese Aussage von Yamaha-Teamchef Massimo Meregalli nach dem MotoGP-Qualifying in Mugello trieft vor Zynismus.
Marquez sorgte wieder einmal für den großen Aufreger in der Qualifikation. Im ersten Abschnitt beschattete er seinen Yamaha-Konkurrenten Maverick Vinales und ließ sich von ihm zur Bestzeit in Q1 ziehen. Vinales hingegen scheiterte als Dritter im ersten Abschnitt.
„Er hat etwas getan, was er nicht tun sollte. Ich will jetzt nicht zu Ende bringen, was ich wirklich sagen möchte. Hoffentlich trifft die Rennleitung eine Entscheidung, denn aus meiner Sicht war dieses Verhalten nicht fair“, echauffierte sich Meregalli am Mikrofon von MotoGP-Boxenreporter Simon Crafar.
Vinales will sich nicht äußern
Der Betroffene selbst reagierte nach dem Qualifying äußerst schmallippig. „Ehrlich gesagt habe ich dazu keinen Kommentar. Wir waren einfach nicht schnell genug“, lautete Vinales‘ erste Reaktion auf die Geschehnisse mit Marquez.
Auch zu den Strafforderungen Meregallis wollte sich der Yamaha-Pilot nicht konkret äußern: „Das ist nicht mein Job. Wenn das Team etwas sagt, dann ist das ihre Aufgabe. Ich bleibe einfach fokussiert und fahre weiter. Wir sind nicht weitergekommen, weil wir nicht schnell genug waren.“
Teamkollege Fabio Quartararo zeigt Verständnis für die Reaktionen aus dem Yamaha-Lager. „Das war ehrlich gesagt schon am Limit. Mir ging es 2019 in Malaysia schon mal so. Aber da war es nicht so exzessiv“, erinnert sich Quartararo an jenes Qualifying zurück, in dem sich Marquez an die Fersen des Franzosen geheftet hat.
Marquez einsichtig: War nicht ganz fair
Übeltäter Marquez sieht im Nachhinein zumindest ein, dass er mit seiner Taktik wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen ist. „Ich habe mich zuallererst bei ihm entschuldigt, denn ich weiß, es war nicht ganz fair. Ich habe ihm gesagt: ‚Du hast schon einen Grund, sauer zu sein.'“
Marquez, vor seiner Verletzung selbst häufig in Vinales‘ Situation, war jedoch auf die Hilfe seines Landsmannes angewiesen. Sein Gefühl sei am Nachmittag ziemlich schlecht gewesen, weshalb sich Marquez zusammen mit seinem Repsol-Honda-Team die umgesetzte Qualifying-Taktik zurechtgelegt hat. Dass es dabei dann Vinales getroffen hat, ist Zufall gewesen.
„Wenn ein anderer Fahrer der Schnellste gewesen wäre, dann wäre ich diesem Fahrer gefolgt“, versichert Marquez. „Daraufhin bin ich ihm dann gefolgt. Das war deshalb die Taktik, weil es die einzige Möglichkeit für eine Verbesserung war.“
Rossi und Marini fordern neue Regeln
Marquez‘ Windschattentaktik war im Anschluss eines der großen Streitthemen im MotoGP-Fahrerlager. „Wir haben gesehen, was er getan hat. Das ist nicht neu. Ihr wisst, was ich darüber denke und möchte dem nichts hinzufügen“, kommentierte Valentino Rossi das Geschehen.
Er fordert daher, ähnlich wie Halbbruder Luca Marini, spezielle Regeln für derartige Windschattenspielchen: „Wir könnten in der Safety Commission darüber reden. Sowas passiert in der Moto3 häufig und sie haben dafür spezielle Regeln gemacht. Das könnten sie auch für die MotoGP machen, aber ich weiß nicht, ob das machbar ist.“
Gibt es ein Rezept, um sich einen lästigen Verfolger erfolgreich abzuschütteln? Jack Miller findet darauf keine richtige Antwort: „Da gibt es nicht viel, was du machen kannst, außer deinen eigenen Strich zu fahren. Das Wichtigste ist, dass man sich nicht verwirren lassen darf, oder den anderen in seinen Kopf lassen darf.“
Auch Weltmeister Joan Mir bleibt eine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage schuldig. Er bekennt zumindest, dass er sich in der Rolle des Gejagten auf der Strecke nicht wohl fühlt: „Das ist von außen betrachtet immer lustig. Aber wenn du selbst von jemandem verfolgt wirst, ist das nicht schön.“
Eine prägnante Beobachtung jedoch hat Mir an diesem Tag gemacht: „Was ich von außen sehe ist, dass Marc diese Spielchen liebt und Maverick hasst sie.“ Genau das macht Marquez jedoch zum Meister solcher Spielchen. Selbst wenn er dabei auch mal übertreibt, so wie es das Yamaha-Lager in diesem Fall empfindet.
Text von Tobias Ebner
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