Auspuffanlagen dienen der Abfuhr der Verbrennungsgase und der Geräuschdämpfung. Zusätzlich unterstützen sie aber auch beim Viertakter den Gaswechsel und sind dadurch nicht unerheblich für die Leistung verantwortlich. Weil im Serienbau Geräuschbestimmungen die Hersteller zu Kompromissen auf Kosten der Leistung zwingen, läßt sich ohne diesen Zwang einiges erreichen. Besonders bei Harley-Davidson und Ducati scheint die Abstimmung bei vielen Modellen erstmal mit offenen Tüten gemacht worden zu sein. Danach hat man für die ABE einfach lieblos zugestopfte Rohre draufgesteckt. Die Japaner haben sich meistens mehr Mühe mit den Seriendämpfern gemacht. Eine berühmte Ausnahme sind die älteren 1200er Bandit Modelle von Suzuki, auf denen selbst die meisten ABE-Tüten die Leistung erheblich verbessern.
Als optimal haben sich Absorptionsdämpfer erwiesen. Sie bilden im Prinzip eine Verlängerung des Krümmers/Sammlerrohres mit gleichbleibendem Querschnitt. Der hintere Bereich besteht aus einem gelochten Rohr, das mit Dämmaterial umwickelt ist. Hierdurch wird die Lautstärke reduziert, ohne den Gastrom zu behindern.
Am Ende des Auspuffs tritt das Gas ungehindert aus und wird durch die Druckumkehr als Unterdruckwelle in Richtung Auslaßventil reflektiert. Dadurch wird zusätzlich zur Dynamik der Auslaßgassäule die Entleerung des Brennraumes unterstützt und durch die Überschneidung der Ventilkurven auch eine Beschleunigung des Ansaugvorganges bewirkt.
Dann läuft die Unterdruckwelle zurück zum offenen Ende des Auspuffs, wird hier wiederum durch die Druckumkehr als Überdruckwelle reflektiert und kann einen Teil des Frischgases, der in das Auslaßsystem geraten ist, in den Brennraum zurückdrücken. Dieser Effekt spielt beim 4Takter – im Gegensatz zum 2Takter – aber nur eine untergeordnete Rolle.
In sehr vielen Fällen bewirken Absorptionsdämpfer nicht nur eine Erhöhung der Spitzenleistung, sondern verbessern auch die Leistung im mittleren Drehzahlbereich und bügeln Einbrüche in der Dreh-momentkurve aus.
Der inzwischen recht freundliche Herr vom TÜV wird mit solchen Anlagen aber kaum einverstanden sein.
Früher fuhr man mit Megaphonen, deren hinterer Bereich sich zum Austritt konisch erweitert. Weil sie über keine Dämpfung verfügen und sogar den Schall verstärken, kann man sich heute damit selbst auf den meisten Rennstrecken nicht mehr blicken lassen. Wenn du mal hinter einem hergefahren bist, der Megaphone drauf hatte, und du hattest den Kopf über der Verkleidung, weißt du, warum. Abgesehen von dem Mörderkrach spürst du die Druckwellen und denkst, da würde dir jemand auf dem Visier rumtrommeln. Da sie eine Beschleunigung der Abgassäule bewirken, sind sie leistungsmäßig den Absorptionsdämpfern aber mindestens ebenbürtig und in der Moto GP sieht man einige Motorräder, die wieder auf dieses Prinzip zurückgreifen.
Es gibt Serienreflektionsdämpfer, die so optimal ausgelegt sind, daß sie zumindest bei serienmäßigen Motoren an die Spitzenleistung guter Absorptionsdämpfer herankommen. Meistens bewirken sie aber im mittleren Drehzahlbereich Einbußen in der Leistungskurve. Reflektionsdämpfer sind auch schwerer als Absorptionsdämpfer und kein Schwein hört dich.
Die Krümmerführung wird beim 4-Zylinder oft so gelegt, daß erstmal nur die Abgase der gleichläufigen Kolben, also in der Regel 1 und 4, 2 und 3, in einen gemeinsamen Sammler laufen. Dadurch ergeben sich – bei gleichlangen Krümmern – für diese Zylinder harmonische Druckamplituden, die sich gegenseitig unterstützen. Erst später münden die Krümmer in einen gemeinsamen Sammler und dann in einen Dämpfer (4in2in1). 4in1 Systeme laufen aber auch sehr gut und haben eventuell leichte Vorteile in der Spitzenleistung gegenüber den 4in2in1 Anlagen. Bei Motoren mit unsymmetrischer Zündfolge kann dieser Effekt so nicht – oder nur deutlich reduziert – stattfinden. Hier sollten separate Auslaßsysteme verwendet werden. Teilweise werden hier Inter-ferenzrohre zwischen den Krümmern angebracht, die die Leistung im mittleren Drehzahlbereich ver-bessern sollen.
Die optimale Unterstützung des Gaswechsels durch die Auslegung des Abgassystems findet nur in einem begrenzten Drehzahlbereich statt.
Da beim Öffnen des Auslaßventils der Druckunterschied zwischen den verbrannten Gasen im Zylinder und dem Umgebungsdruck erheblich ist, läuft die Druckwelle im Auspuff mit Schallgeschwindigkeit. Die Schallgeschwindigkeit hängt aber von der Temperatur und der Dichte des Medium ab, in dem sie sich bewegt. Dadurch ist eine genaue Berechnung sehr schwierig bis unmöglich. Ich hatte mal einen Auspuff, bei dem sich der Auslaßquerschnitt durch einen Konus variieren ließ. Zuerst habe ich ihn einfach mal draufgesteckt und relativ weit offen gefahren. Der Leistungsverlust war erheblich. Danach habe ich den Querschnitt reduziert (von ca. 10mm Ringspalt auf 4mm) und der Motor rannte wie nie zuvor. Da alle anderen relevanten Größen praktisch unverändert blieben (OK, die Länge des Gesamtsystems verringerte sich, aber nur um 6mm), muß der höhere Druck im Auspuff die Schallgeschwindigkeit und damit die Schwingungen so verschoben haben, daß auf einmal alles passte.
Bei der Konstruktion einer Auspuffanlage sind unter anderem der Krümmerdurchmesser, die Länge der Krümmer bis zum Sammler und die Länge des Gesamtsystems entscheidend. Wichtig ist auch die gleiche Länge der Krümmer bis zum Eintritt in den Sammler. Ungleich lange Krümmer können die Resonanzen etwas streuen und die Leistung über einen breiteren Drehzahlbereich halten, werden aber immer Spitzenleistung kosten.
Wer ein Blasinstrument spielt, kennt den Effekt, den unterschiedliche Rohrlängen bewirken. Für die Nichtbläser: Du kannst mit einer Rohrlänge zwar verschiedene Töne erzeugen, diese sind aber immer die Töne eines Akkordes mit einem bestimmten Grundton. Der Grundton ändert sich nur, wenn du auch die Rohrlänge änderst.
Bis vor kurzem galten Krümmer, die sich direkt nach dem Auslaß konisch erweitern, als der Weisheit letzter Schluß. In letzter Zeit sind mindestens zwei namhafte Hersteller dazu übergegangen, Auspuffanlagen mit Krümmern zu bauen, die sich auf den ersten 20-30 Zentimetern etwas verjüngen um dann wieder auf den ursprünglichen Durchmesser anzuwachsen. Diese Anlagen funktionieren ganz hervorragend und liegen in Vergleichstests im Spitzenfeld. Frag mich aber bitte nicht, warum.
Falls du nicht vorhast, kilometerweise Rohre zu biegen und zusammenzubraten, solltest du dich am besten an bewährten Auspuffanlagen orientieren und höchstens die Länge des Gesamtsystems solange variieren, bis du für deinen Motor die optimale Leistung gefunden hast. Allgemein wird eine Verkürzung eine Leistungsverbesserung bei hohen Drehzahlen auf Kosten des mittleren Bereichs bringen.
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie ich in den 80er Jahren mit meiner 400er auch auf der Geraden einige Jungs verblasen habe, die ihre 750er mit dubiosen Krawalltüten aufgerüstet hatten. Was damals verkauft wurde, war oft ein unverschämter Schrott, der unglaublich viel Leistung gekostet hat. Auch heute gibt es noch einige Anlagen, die deutlich hinter der Serienleistung zurückbleiben. Lies also vor dem Kauf die Vergleichstests der Fachpresse oder laß dir vom Hersteller oder Verkäufer eine Leistungskurve geben, auf die du ihn hinterher festnageln kannst.
Lange Zeit ein Geheimtip für 4Zylinder war der Endschalldämpfer der frühen Honda Fireblade. Ich hatte selbst mal eine VFR 400 auf dem Prüfstand, bei der die Leistung nach dem Umbau ohne weitere Änderungen von 65 auf 70 PS angestiegen ist. Wenn du es gerne etwas schneller hast, ohne unnötig Krach zu machen, solltest du ihn mal antesten.
Es ist heute üblich, daß die Hersteller servogesteuerte Klappen in den Auspuffsammler bauen. Diese Klappen sollen offiziell die Leistungskurve im unteren Drehzahlbereich verbessern, was ihnen mitunter sogar gelingt. Es ist aber ein offenes Geheimnis, daß sie auch dazu dienen, bei der Geräuschmessung die gesetzlichen Werte einzuhalten.
Wenn du sie so einstellst, daß sie immer voll geöffnet sind, kann die Leistung im mittleren Drehzahlbereich steigen. Wenn du sie ganz entfernst, wird oft auch die Spitzenleistung etwas erhöht.
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