Der richtige Umgang mit den Reifen gehört zu den größten Herausforderungen für alle MotoGP-Piloten. Die Bridgestone-Gummis müssen von den Fahrern möglichst schnell auf die optimale Betriebstemperatur gebracht werden, sonst droht die Gefahr eines Sturzes.
Starkes Belasten der Reifen, heizt sie auf. Wärmt der Fahrer die Reifen nicht aggressiv genug auf, sind sie zu kalt und es fehlt an Haftung. Das kann im Fall eines zu kühlen Hinterreifens schnell zu Highsidern führen, bei denen der Fahrer plötzlich aus dem Sattel seiner Maschine katapultiert wird.
Nicht weniger problematisch sind zu kalte Vorderreifen. Ist der Grip am Vorderrad zu gering, kann der Pilot nicht wie gewünscht einlenken. Passiert dies, sind Ausrutscher, bei denen es geradeaus ins Kiesbett geht, keine Seltenheit. In der vergangenen Saison war dies besonders häufig bei Casey Stoner zu beobachten. Doch seit seinem Wechsel von Ducati zu Honda scheint der Australier dieses Problem in den Griff bekommen zu haben.
Stoner behauptet gern, dass er über den Gasgriff mehr Last auf das Vorderrad verteilt und dadurch den Reifen schneller auf die richtige Betriebstemperatur bringt. Aber wie ist das möglich? Schließlich neigt das Vorderrad einer MotoGP-Maschine beim Aufdrehen des Gasgriffs dazu abzuheben. Stoners langjähriger Crewchief Cristian Gabbarini, der bereits bei Ducati mit dem Australier zusammenarbeitete und ihm im vergangenen Winter zu Honda gefolgt ist, klärt diesen vermeintlichen Widerspruch auf.
„Grundsätzlich kann man das Vorderrad durch Gewichtsverteilung belasten“, sagt der Ingenieur gegenüber ‚motomatters.com‘. Einerseits könne man das Gewicht des Motorrads nach vorne verlagern, andererseits werde das Vorderrad beim Bremsen stärker belastet. „Aber wenn Casey sagt, dass er das Gas benutzt, dann pusht er stärker. Nicht nur mit dem Gas, sondern durch die Geschwindigkeit. Man fährt fünf Stundenkilometer schneller in die Kurve als sonst, man belastet die Aufhängung an beiden Enden stärker, man härter bremsen, man muss härter einbiegen. Dadurch belastet man beide Reifen stärker.“
Dass Stoner später und dann härter bremst als viele seiner Konkurrenten, funktioniert laut Gabbarini nur, weil der Weltmeister von 2007 den Vorderreifen bedingungslos vertraut. Nur wenn der Fahrer die Reifen hart beansprucht, erreichen sie schnell ihre Betriebstemperatur in bieten optimalen Grip. Die Reibung und die Bewegung innerhalb der Gummimischung wärmen den Reifen auf. Geht der Fahrer aber zur früh ans Limit, ist ein Sturz oft nicht mehr zu vermeiden. Es ist ein Drahtseilakt.
„Man muss immer noch die Bremse ziehen und in die Kurve einbiegen. Das ist generell Caseys Fahrstil“, erklärt Gabbarini. Am Kurvenausgang sei Stoner dann besonders gut darin, das Motorrad möglichst schnell aufzurichten, um so wenig Schräglage wie möglich zu haben. Dadurch ist es möglich, früher und mehr Gas zu geben – und die Gefahr eines Highsiders, der zumeist durch zu starkes Beschleunigen in Schräglage entsteht, ist so ebenfalls geringer.
Text von Lennart Schmid
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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